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Rechtsextremismus im Internet

Rechtsextremismus hat sich in das Internet verlagert. Welche Strategien wenden Rechtsextremist*innen an, um ihre Ideologie zu verbreiten und sich zu vernetzen? Und wie können wir das Problem angehen? 

Die Zeiten, in denen Rechtsextremismus sich vor allem auf der Straße abspielte und an Bomberjacken und Glatzen erkennbar war, sind längst vorbei. Mittlerweile geben sich Rechtsextremist*innen nicht mehr leicht zu erkennen. Und sie haben das Internet zum wichtigsten Ort für die Verbreitung ihrer Ideologien und Verschwörungsmythen gemacht. 

Aktuelle Zahlen zu Rechtsextremismus im Internet 

Die gute Nachricht: Die Zahl rechtsextremer Straf- und Gewalttaten ist 2021 um 9,6 Prozent zurückgegangen. Mit insgesamt 20.200 Straftaten liegt sie jedoch weiterhin auf einem hohen Niveau. Internetkriminalität spielt dabei eine immer größere Rolle: Laut Bundeskriminalamt waren im Jahr 2019 ganze 73 Prozent aller strafbaren Hasspostings politisch rechts motiviert. Zwischen 2018 und 2019 entfielen 75 Prozent aller registrierten Straftaten wegen des „Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen” oder Volksverhetzung auf rechtsextreme Delikte. Und hier werden nur die registrierten Fälle aufgeführt. Die Dunkelziffer dürfte diese Zahl um ein Vielfaches übersteigen.  

Die Gefahr: Rechtsextremismus im Netz führt nicht nur zu Internetkriminalität, sondern überträgt sich auch in Gewalt auf der Straße. Das zeigt der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen Rechtsextremisten, der sich im Netz radikalisiert hatte. Laut Verfassungsschutz wächst die Gewaltbereitschaft der rechtsextremen Szene: 33.000 Menschen gelten als rechtsextrem – knapp 40 Prozent gelten als gewaltbereit.

Rechtextreme haben das Internet für ihre Ideologie vereinnahmt. Foto: Scopio / Reinis Freilibs

„Die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie ist weiterhin der Rechtsextremismus“ 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei der Vorstellung des jährlichen Verfassungsschutzberichts im Jahr 2022. 

Was macht Rechtsextremismus im Internet gefährlich? 

Das Internet ermöglicht es Rechtsextremist*innen, sich in geschlossenen Gruppen zu organisieren, ihre Ideologien zu verbreiten und neue Anhänger*innen zu mobilisieren. Durch Desinformation, Verschwörungsmythen und gezielte Hassrede versuchen sie, den öffentlichen Diskurs zu beeinflussen und so den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden.  

Angetrieben durch ihre menschenfeindlichen Ideologien lehnen Rechtsextremist*innen alle Menschen ab, die nicht ihrem rassistischen Weltbild entsprechen. So machen Rechtsextremist*innen BIPoC (Black Indigenious People of Color), Jüd*innen, Sinti*zze und Rom*nja, Angehörige der LGBTQIA+ Community sowie politisch Andersdenkende zur Zielscheibe von Hassrede, Bedrohung und Diskriminierung. 

Rechtsextreme Internet-Phänomene  

Die schnellen Verbreitungswege von Informationen im Netz erleichtern es rechtsextremen Gruppen, ihre Ideologien zu verbreiten. Unter anderem durch gezielte Desinformation und Kulturtechniken wie Memes oder Social-Media-Trends. Auch etablierte Plattformen wie Facebook, Twitter oder Telegram werden von Rechtsextremist*innen genutzt, um neue Anhänger*innen zu mobilisieren. 

Dabei gehen sie äußerst geschickt vor und nutzen beispielsweise Strategien wie „Dog Whistling”: Der Begriff ist abgeleitet von Hundepfeifen – diese können einen Ton auf einer Frequenz senden, den nur Hunde hören können. Dog Whistling meint das Senden von codierten Botschaften an eine bestimmte Gruppe, deren Bedeutung von Außenstehenden oft nicht leicht zu erkennen ist. 

So verbreiten Rechtsextreme ihre menschenfeindlichen Botschaften, ohne auf den ersten Blick als rechtsextrem erkennbar zu sein. 

Codes und Symbole 

Rechtsextreme nutzen eine Vielzahl von Symbolen und Codes als Erkennungszeichen und zur Verbreitung ihrer Ideologie im Netz. Neben den strafbaren Symbolen wie dem Hakenkreuz oder dem Keltenkreuz, gibt es noch weitere Symbole und Codes. 

Durch Zahlencodes und Symbole verbreiten Rechtsextreme ihr Gedankengut im Netz. Foto: Scopio / Azamat Esenaliev

Zahlencodes 

88: Die Zahl 88 wird oft als Code für das nach § 86a verbotene „Heil Hitler” verwendet, da H der achte Buchstabe des Alphabets ist. Die Zahl wird oft als Teil von Benutzer*innennamen, Passwörtern und E-Mail-Adressen verwendet. 

18: Die 18 steht für „AH” und wird als Abkürzung und Code für Adolf Hitler verwendet. 

14 words: Dieser Ausdruck bezieht sich auf einen 14 Wörter langen Satz: „We must secure the existence of our people and a future for white children” („Wir müssen die Existenz unseres Volkes und eine Zukunft für weiße Kinder sichern”). Ein bekannter Slogan der rechtsextremen Bewegung. Er wird oft verwendet, um Zugehörigkeit zur rechten Szene zu signalisieren.

Die Kombination aus beiden Codes „1488” ist ebenfalls häufig zu sehen. 

C18 / 28: Diese Zahlen stehen jeweils für die rechtsextremen Terrororganisationen Combat 18 und Blood & Honour (zweiter und achter Buchstabe des Alphabets). 

 Emojis

Emojis gehören an sich zu keiner politischen Orientierung. Doch das Projekt „Kein Filter für Rechts” von Correctiv.org hat bei der Untersuchung der rechten Szene im Netz eine Reihe von Emojis identifiziert, die häufig als Erkennungszeichen verwendet werden. 

⚫️ ⚪ 🔴 Besonders beliebt sind bei rechten Akteur*innen Emojis in den Farben Schwarz, Weiß und Rot – die Farben der Fahne des Deutschen Reichs. Die schwarz-rot-goldene Deutschlandfahne wird als Symbol der demokratischen BRD hingegen von vielen abgelehnt. 

⚡⚡ Die zwei Blitz-Emojis werden stellvertretend für das Symbol der SS-Runen genutzt. Damit identifizieren sich rechtsextreme User*innen öffentlich mit dem Nationalsozialismus.

🦅 Ob als Zeichen für germanische Mythologie oder als Wappentier für Deutschland: Das Adler-Emoji taucht oft im Zusammenhang mit rechten und rechtsextremen Inhalten, Hashtags und Accounts auf. 

🧛  Die Verwendung des Vampir-Emojis geht auf antisemitische Darstellungen von Jüd*innen als Blutsauger zurück. Rechtsextreme verwenden es häufig im Zusammenhang mit antisemitischen Verschwörungsmythen

Hashtags

In der Analyse von Correctiv.org waren die häufigsten Hashtags von sogenannten „rechten Vorfeldorganisationen” (Vorfeldorganisationen sind politische Gruppierungen, die einer Partei nahestehen) scheinbar harmlose Schlagworte wie #Konservativ, #Vaterland und #Patrioten. Es gab jedoch auch Tags wie #DefendEurope, die klar auf eine rechte Agenda hindeuteten. 

Memes

Pepe the Frog: Ein Comic-Frosch, der ursprünglich als harmloses Meme im Internet begann. Später wurde er von rechtsextremen Gruppen übernommen und als Symbol für ihre Ideologie genutzt. Die bloße Verwendung von Pepe the Frog steht nicht automatisch für eine rassistische oder rechtsextreme Gesinnung. Doch der Comic wird immer wieder von rechten User*innen für rassistische oder antisemitische Memes verwendet. 

NPC: Dieses Meme bezieht sich auf die Vorstellung, dass Menschen mit liberalen und demokratischen Ansichten wie „nicht spielbare Charaktere” (NPCs) in Videospielen seien. Diese können nur vorprogrammierte Antworten geben und haben und keine eigene Meinung

White Genocide: Dieses Meme bezieht sich auf die Vorstellung, dass weiße Menschen in den USA und in Europa angeblich durch Immigration, Interaktion und multikulturelle Werte „ausgerottet” werden würden. 

Trad Wives: Ein weiteres Beispiel für ein rechtes Netzphänomen, das auf den ersten Blick harmlos scheint, ist die sogenannte „Trad Wife”-Bewegung (Kurzform von traditional wife – traditionelle Ehefrau). Die Anhänger*innen dieser Bewegung treten für traditionelle Rollenbilder ein: Frauen kümmern sich um Haushalt und Kindererziehung, Männer bringen das Geld nachhause.

Trad Wives kleiden sich im Stil der 1950er Jahre und stellen dabei Natur und Familie in den Mittelpunkt ihrer Social-Media-Inhalte. Das bedeutet noch nicht, dass alle rechtsextrem sind, die dieser Bewegung angehören. Doch zwischen den Zeilen vieler dieser Accounts lässt sich erkennen, dass sie dabei oft rassistische und queerfeindliche Botschaften verbreiten. Die Bewegung fungiert damit als scheinbar harmloser Zugang zu extremem Gedankengut. 

Vom Laptop aus lassen sich rechtextreme Verschwörungsmythen in Sekundenschnelle verbreiten. Foto: Scopio / April Lawrence

Rechte Verschwörungsmythen 

Rechtsextremismus im Netz erreicht häufig eine besonders große Verbreitung, wenn Verschwörungsmythen ins Spiel kommen. 

Die rechte Queerfeindlichkeit erhält hierdurch zum Beispiel einen ideologischen Überbau: Mit der Vorstellung einer angeblichen „Gay Agenda” oder der sogenannten „Homo-Lobby”. Rechtsextreme verbreiten im Netz den Verschwörungsmythos, dass angeblich „internationale Eliten” den Westen durch queerpositive Positionen, Feminismus oder gendergerechter Sprache schwächen würden. Dies passiert unter dem Schlagwort „Globo-Homo” (Globalistische-Homosexuelle-Agenda).

Dabei nutzen sie oft antisemitische Verschwörungserzählungen von ,im Hintergrund agierenden Eliten’, konkret Begriffe wie „internationale Finanzelite” oder „Globalisten”

Rechte Mobilisierung 

Die Vernetzungsmöglichkeiten des Internets bieten Rechtsextremist*innen unvergleichliche Reichweite und eine Plattform, auf der sie ihre menschenfeindlichen Botschaften verbreiten und ihre Anhänger*innenschaft vergrößern können. 

Aufgrund verbesserter Meldewege auf den großen Social-Media-Plattformen durch das NetzDG wandern Rechtsextremist*innen jedoch vermehrt auf Alternativplattformen ab. Auf Telegram können sie sich zum Beispiel in geschlossenen Gruppen ungestört austauschen. 

Im deutschsprachigen Raum ist Telegram in den letzten drei Jahren zur wichtigsten Plattform für Rechtsextreme und Anhänger*innen von Verschwörungsmythen geworden. Über zahlreiche Kanäle erreichen sie täglich eine große Anzahl von Nutzer*innen. Einige Beiträge werden millionenfach aufgerufen und geteilt. Da Telegram wenig bis gar nicht mit den deutschen Behörden zusammenarbeitet, ist es für Extremist*innen leicht, dort Desinformation zu verbreiten, gezielte Shitstorms zu organisieren oder konkrete Umsturzpläne zu entwickeln. 

Die Gemeinnützige Organisation CeMAS hat eine Chronik der Radikalisierung veröffentlicht, die den Aufstieg von Telegram als Verschwörungs- und Radikalisierungsplattform darstellt. 

Wie können Betroffene und Nicht-Betroffene reagieren? 

Der Rechtsstaat begegnet Rechtsextremismus im Netz mit einer Reihe an Straftatbeständen. Neben der Straftat Verbreitung von verfassungswidrigen Inhalten gibt es seit 2021 eine Reihe von Änderungen, um Rechtextremismus im Internet entgegenzuwirken

Betroffene und Nicht-Betroffene können aktiv werden, um gegen rechte Gewalt und Diskriminierung vorzugehen: 

Melden: Wenn du auf rechtsextreme Inhalte im Internet triffst, solltest du sie durch das Netz-DG-Meldeformular der jeweiligen Plattform melden. Unser oder die App MeldeHelden kannst du ebenfalls zum Melden von Inhalten nutzen. 

Blockieren: Blockieren ist die schnellste Variante, die Verbreiter*innen von Rechtsextremismus im Internet von deinen Timelines zu verbannen

Anzeigen: Strafbare Inhalte solltest du unbedingt zur Anzeige bringen. Das kannst du bei den Online-Wachen der Polizei in deinem Bundesland tun. 

Hilfe suchen: Wenn du selbst betroffen bist, wende dich an unsere Betroffenenberatung. In Notfällen kontaktiere umgehend die Polizei, Staatsanwaltschaften oder Seelsorgestellen

Titelbild: Scopio / Jeet Khagram

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