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Gesetzesinitiative zum Schutz vor digitaler Gewalt

Die Bundesregierung kündigte in ihrem Koalitionsvertrag 2021 ein Gesetz gegen digitale Gewalt an. Ziel des Gesetzes soll sein, dass Betroffene vor Gericht einfacher gegen digitale Gewalt vorgehen können. HateAid brachte ihre Expertise zum ersten Eckpunktepapier des Gesetzes ein, zum Beispiel in Fachgesprächen und Stellungnahmen, und holte ein Gutachten ein.

Doch seit der Veröffentlichung der ersten Ideen zum Gesetz mit dem Eckpunktepapier stockt der Prozess: Bis heute liegt kein Entwurf aus dem zuständigen Bundesministerium für Justiz vor. Jetzt könnte es knapp werden. Denn bis zur nächsten Bundestagswahl bleibt nicht mehr viel Zeit, um das Gesetz zu verabschieden.

Hintergrund der Gesetzesinitiative

Darum braucht es ein neues Gesetz

Digitale Gewalt ist allgegenwärtig: Fast jede zweite Person wurde schon einmal online beleidigt. Betroffene fühlen sich häufig allein gelassen.

Auch das europäische Digitalgesetz, der Digital Services Act, hat daran kaum etwas geändert. Denn dieses befasst sich vor allem mit der Haftung von Online-Plattformen.

Die Bundesregierung muss zusätzlich dafür sorgen, dass Nutzende ihre Rechte auch vor Gericht wahrnehmen können – und zwar unter zumutbaren Bedingungen. Das ist bisher nicht der Fall. Stattdessen werden Betroffene durch lange Verfahrenslaufzeiten, hohe Kosten und niedrige Erfolgschancen davon abgehalten, vor Gericht zu gehen.

Plenarsaal des deutschen Bundestags.

Weil sich der europäische DSA auf die Haftung von Plattformen fokussiert, sollen auf Bundesebene die Betroffenenrechte gestärkt werden. Foto: Shutterstock

Petition „Gerechtigkeit im Netz: #StopHateMakeLaws“

Wer sich gegen Hass und Gewalt im Netz wehrt, kommt oft nicht weit. Denn Gerichtsverfahren sind teuer und dauern viel zu lange. Gerechtigkeit im Internet sieht anders aus! Deswegen fordern wir mit einer Petition jetzt mehr Gerechtigkeit für Betroffene von digitaler Gewalt.

HateAid Petition #StopHateMakeLaws - Beitragsbild mit sand-blauem Verlaufshintergrund und der Aufschrift "#StopHateMakeLaws"

Mit dem Gesetz gegen digitale Gewalt möchte die Bundesregierung vor allem die individuelle Rechtsdurchsetzung stärken. Dafür sollen laut Eckpunktepapier:

  • Es sollen Lücken bei den Auskunftsrechten abgebaut werden. Denn bisherige Möglichkeiten, an die Daten der Account-Inhaber*innen zu gelangen, funktionieren nicht. Hierfür soll der Auskunftsanspruch gegen soziale Netzwerke und Messenger-Dienste neu geregelt werden.
  • Es soll künftig für Betroffene möglich sein, vor Gericht die Sperrung von Accounts zu erwirken, von denen sie mehrfach in schwerer Weise angegriffen wurden.
Unsere Forderungen ans Bundesministerium

Gesetzentwurf vorlegen und verschärfen

Im April 2023 legte das BMJ sein Eckpunktepapier für ein Digitales Gewaltschutzgesetz vor. Dieses soll als Grundlage für den Gesetzentwurf zum Gesetz gegen digitale Gewalt dienen. Damit der Bundestag vor der nächsten Bundestagswahl das Gesetz noch diskutieren und verabschieden kann, muss das Bundesministerium der Justiz dringend den Entwurf vorlegen.

Wir finden, dass die Pläne des Bundesministeriums, die im Eckpunktepapier dargestellt wurden, in die richtige Richtung gehen. An einigen Stellen wünschen wir uns jedoch eine Konkretisierung und sehen weitergehende Bedarfe: 

„All-in-one“-Auskunftsanspruch

Das BMJ möchte es Betroffenen leichter machen, vor Gericht an die Identität der Täter*innen zu gelangen. Bisher ist das Verfahren sehr teuer, kompliziert und wenig erfolgversprechend.  

Wir befürworten, dass künftig ein Auskunftsanspruch nicht nur gegen ein soziales Netzwerk, sondern auch gegen die Anbietenden von Internetzugangsdiensten bestehen soll. Denn was nützt es, wenn bspw. Twitter Betroffenen im gerichtlichen Verfahren die IP-Adresse des*der Täter*in beauskunft, diese aber gar nicht herausfinden können, wem der Internetanschluss gehört? Diese Regelung gab es sogar früher schon einmal. 

Außerdem muss die Auskunft so ausgestaltet sein, dass Betroffene nur ein Verfahren führen müssen. D. h. der Gerichtsbeschluss muss sowohl die Daten beim sozialen Netzwerk als auch beim Internetzugangsdiensteanbieter abdecken.  

Da die Internetzugangsdienste die IP-Adresse aber nur wenige Tage speichern und ein Gerichtsverfahren meistens länger dauert, müssen die Gericht im Eilverfahren anordnen können, dass die Anschlussinhaber*innendaten nicht gelöscht werden, bis das Gericht endgültig entschieden hat. 

Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Eckpunkte sehen an keiner Stelle eine allgemeine zusätzliche Speicherpflicht für soziale Netzwerke oder Messenger-Dienste vor. Es soll also keine Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden. 

Wichtig ist uns, dass das Ministerium die Kostenregelung noch einmal überarbeitet. Denn bisher kostete in allen von HateAid unterstützten Verfahren die Auskunft mindestens 1.000 Euro pro Äußerung. Das liegt unter anderem daran, dass Betroffene immer auch die Anwaltskosten der Gegenseite, d. h. von den Plattformen, zahlen müssen. Wir fordern daher eine Herabsenkung der Kosten und eine Klarstellung, dass die Anwaltskosten der Gegenseite nicht übernommen werden müssen. 

Richterlich angeordnete Account-Sperren

Wir befürworten grundsätzlich, dass Betroffenen hier ein zusätzliches Mittel an die Hand gegeben werden soll, um sich gegen digitale Gewalt zu wehren. In einigen Fällen kann diese Maßnahme hilfreich sein. Wir bezweifeln allerdings, dass die Account-Sperre wirklich massentauglich und für Betroffene praktikabel ist. Wir würden es lieber sehen, wenn nicht die Betroffenen, sondern z. B. die Aufsichtsbehörden dafür verantwortlich wären, solche Anträge bei Gericht einzureichen.  

Wir glauben vor allem, dass die Umgehungsgefahr extrem hoch ist und die Täter*innen entweder sowieso mehrere Accounts haben oder sich einfach binnen weniger Minuten einen neuen anlegen werden. 

Insgesamt finden wir es aber richtig, dass an eine Account-Sperre hohe Hürden geknüpft werden. Denn die Sperrung eines Accounts ist eine viel drastischere Maßnahme als die Entfernung eines Kommentars. Allerdings sind die Hürden des Eckpunktepapiers so hoch, dass sie kaum einen praktischen Anwendungsbereich übriglassen. 

Wir wünschen uns ebenso wie andere Organisationen, dass nicht nur mehrfach Betroffene, sondern auch NGOs eine solche Sperre durchsetzen könnten. Und zwar auch dann, wenn sie nicht eine Person direkt angreifen, sondern allgemein gegen Gruppen hetzen.  

Einheitliche elektronische Anzeigeformulare

Neben der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen wegen digitaler Gewalt sollte es Betroffenen leicht gemacht werden, diese auch strafrechtlich zur Anzeige zu bringen. Hierfür fordern wir ein einheitliches Anzeigeformular. Darüber hinaus muss es möglich sein, als Betroffene*r auch Beleidigungen, Verleumdungen und Bildrechtsverletzungen rein digital zur Anzeige zu bringen. Dies geht bisher nicht, da es wegen sehr strenger Formvorgaben einen schriftlichen Strafantrag braucht. Das halten wir für nicht mehr zeitgemäß.

Verbreitung von Nacktaufnahmen

Wir sehen gravierende Rechtsschutzlücken bei der Erstellung und Verbreitung von mitunter gefälschten Nacktaufnahmen. Diese werden nach dem geltenden Recht als Bagatelldelikte betrachtet. Technologische Neuerungen wie sogenannte Face Swap Apps ermöglichen es jedoch einer breiten Masse, ohne Vorkenntnisse solches Bildmaterial zu erstellen und in Umlauf zu bringen. Die Folgen für die Betroffenen sind katastrophal. Dies muss der Gesetzgeber anerkennen.

Gesetz gegen digitale Gewalt - Comic Postkarte im DIN A5 Format, die die Hürden abbildet, die User*innen nehmen müssen, wenn Sie digitale Gewalt strafrechtlich verfolgen lassen oder Inhalte melden wollen.

Comic an den Bundestag: Betroffene stärken, Hürden abbauen

Damit unsere Forderungen für die Menschenrechte im Netz nicht in den vollen Postfächern der Bundestagsabgeordneten untergehen, haben wir uns etwas Besonderes ausgedacht: Unser Appell an die Politik kommt als bunte Geschichte. In einem Comic machen wir die unerträglichen Erfahrungen von Betroffenen nachvollziehbar und fordern die Politik zum Handeln auf.

Wie wir das Gesetz mitgestalten

HateAid setzt sich für dich ein

Ob durch offizielle Stellungnahmen oder mit einer Aktion vor dem Bundestag: Wir bringen konkrete Vorschläge zum angekündigten Gesetz ein.

Mit unserer Kampagne #StopHateMakeLaws machten wir auf die Hürden aufmerksam, vor denen Betroffene stehen, wenn sie sich gegen digitale Gewalt wehren wollen – mit einem Hürdenlauf vor dem Bundestag.

Auch in allen weiteren Schritten des Gesetzgebungsprozesses werden wir unsere Forderungen für einen besseren Schutz vor digitaler Gewalt einbringen. Dafür suchen wir das Gespräch mit Abgeordneten und Vertreter*innen der Ministerien. Jetzt braucht es aber den nächsten Schritt: Den Gesetzentwurf, den das Bundesjustizministerium dringend vorlegen muss.

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Hürdenlauf mit großer Rechnug, Uhr und einem Gerüst mit Banner zur Petition vor dem Bundestagsgebäude in Berlin.

Das „Gesetz gegen digitale Gewalt“ wird von uns mit Aktionen begleitet. Foto: HateAid

Häufige Fragen zum angekündigten Gesetz

FAQ

Das Auskunftsverfahren sieht vor, dass Betroffene einen gerichtlichen Antrag auf die Herausgabe einer IP-Adresse wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung stellen können. Da die Internetzugangsdienste die IP-Adresse nur wenige Tage speichern und ein Gerichtsverfahren meistens länger dauert, müssen die Gericht im Eilverfahren anordnen können, dass die Anschlussinhaber*innendaten nicht gelöscht werden, bis das Gericht endgültig entschieden hat.  

Die Herausgabe der IP-Adresse wird beim sozialen Netzwerk angefragt, das die IP-Adressen immer auf unbestimmte Zeit behält. Vorratsdatenspeicherung bezeichnet die anlasslose Speicherung von Daten. Die Daten werden aber nur herausgegeben, wenn das Gericht eine schwere Rechtsverletzung als Anlass feststellt. Damit braucht es für das Auskunftsverfahren also keine Vorratsdatenspeicherung. Diese ist auch an keiner Stelle des Eckpunktepapiers vorgesehen: Eine allgemeine zusätzliche Speicherpflicht für soziale Netzwerke oder Messenger-Dienste ist dort nicht geplant. 

Das Auskunftsverfahren ist ein wichtiger Schritt, um Täter*innen digitaler Straftaten ausfindig zu machen. Aber die IP-Adresse ist erstmal nur eine Zahlenfolge. Sie muss dann mit den Anschlussinhaberdaten beim Internetprovider zusammengeführt werden, um nützlich zu sein. Dort ist die Speicherdauer sehr kurz, weswegen das Gesetz eine anlassbezogene Sicherungsanordnung vorsieht.

Alle Menschen sollten die Möglichkeit haben, sich im Netz frei und anonym zu bewegen. Keine Person sollte gezwungen werden, öffentlich z. B. mit Klarnamen aufzutreten oder den Personalausweis vorlegen zu müssen, wenn sie sich ein Konto in sozialen Medien anlegen will.  

Es kann jedoch keinen Anspruch auf absolute Anonymität geben, wenn die Rechte anderer verletzt werden. Wenn sich nämlich einige wenige die Freiheit herausnehmen, digitale Gewalt zu verbreiten, schränkt dies die Freiheit der Betroffenen ein – und die der Mitlesenden, die sich künftig nicht mehr trauen, sich äußern. Es muss daher möglich sein, die Identität der Rechtsverletzer*innen zu ermitteln, um Persönlichkeitsrechte durchzusetzen. Andernfalls verkommen diese zu einer leeren Hülle. 

Wir halten die vom BMJ angedachte Ausweitung der Auskunftsansprüche auf gewerbliche Schutzrechte, z. B. Marken-, Urheberrechte oder die besagten Restaurantkritiken, für zu weitgehend. Wir sprechen uns dafür aus, den Auskunftsanspruch auf die Verletzung von Persönlichkeitsrechten zu beschränken. Hierdurch wäre sichergestellt, dass vor allem Einzelpersonen, deren Rechte durch Beleidigungen, Bedrohungen oder Verbreitung von Bildmaterial verletzt werden, profitieren und der Anspruch nicht auf alle möglichen Rechtsverletzungen ausgeweitet wird. Sollte sich das BMJ stattdessen für einen Katalog von Straftaten entscheiden, muss dieser in anderen Aspekten weiter sein als der aktuelle. Der neue Katalog sollte beispielsweise auch Bildrechtsverletzungen durch die Verbreitung von bildbasierter sexualisierter Gewalt umfassen. 

Wir betrachten Urheberrechtsverletzungen nicht als digitale Gewalt. Es besteht daher kein Anlass, diese ins Gesetz gegen digitale Gewalt aufzunehmen 

Gegen digitale Straftaten in einem zivilrechtlichen Verfahren vor Gericht zu gehen, bedeutet für Betroffene nicht nur Verfahrenslaufzeiten von mehreren Monaten oder ungewisse Erfolgsaussichten. Auch hohe Kosten sind eine Hürde für die Betroffenen.

Während ein zivilrechtliches Vorgehen gegen Täter*innen allzu häufig daran scheitert, dass diese nicht identifiziert werden können, schrecken Nutzende vor einer Inanspruchnahme der Plattformen vor allem wegen der Kosten und ungleichen Machtverhältnisse zurück. Das Kostenrisiko in einem solchen Verfahren ist relativ hoch. Das liegt vor allem an den unverhältnismäßig hohen Gegenstandswerten, die bei solchen Verfahren zwischen 5000 und 10.000 Euro pro Äußerung liegen können. Je höher dieser Wert, desto höher sind auch die Gebühren für die Tätigkeit von Anwält*innen. Das heißt, auch wenn keine zusätzlichen Gerichtskosten anfallen, können Kosten von bis zu mehreren tausend Euro entstehen.  

Zwar kann entgegnet werden, dass bei vollem Obsiegen ein Erstattungsanspruch gegen die Gegenseite besteht (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO). Doch abgesehen davon, dass Betroffene diese Kosten teilweise vorstrecken müssen, bleibt dies oft nur Theorie. Denn selbst wenn Betroffene das Verfahren zu 100 % gewinnen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Urteil gegen die Täter*innen nicht vollstreckt werden kann. Entweder haben diese kein oder zu wenig Geld, weswegen sie die Summen in Raten über lange Zeiträume abzahlen. In der HateAid-Prozesskostenfinanzierung betrifft dies ca. 75 % der Fälle. 

Aus diesen Gründen ist es sehr wichtig, dass die Kosten für ein Gerichtsverfahren endlich gesenkt werden. 

Die Förderung des BMJ beträgt nur ca. 10 % unserer Einnahmen (Zahlen für das Jahr 2023 laut Jahresabschluss). Das Geld finanziert einen großen Teil unserer Betroffenenberatung und die Aufklärung zu neuen Phänomenbereichen digitaler Gewalt. Unsere Prozesskostenfinanzierung, mit der wir Betroffenen eine Rechtsdurchsetzung ohne eigenes Kostenrisiko ermöglichen, erhält keinerlei öffentliche Gelder. Auch unsere politische Arbeit wird nicht öffentlich gefördert.

Wir sind parteipolitisch unabhängig und handeln stets im Interesse der Betroffenen von digitaler Gewalt, mit jenem Ansatz, den wir dafür am zielführendsten halten. Hierbei schöpfen wir aus den Erfahrungen in der Beratung, der Unterstützung von mehr als 200 Einzelpersonen bei der Rechtsdurchsetzung und dem Austausch mit Expert*innen und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft.  

Als registrierte Interessensvertreterin gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung trifft sich HateAid, so wie viele andere zivilrechtliche Akteure, mit Repräsentanten dieser Organe und bringt eigene Vorschläge mit ein. 

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