Keine Rechtfertigung fürs Drachengame
Statement Rainer Winkler (Drachenlord)
Rainer Winkler, alias Drachenlord, ist seit Jahren Zielscheibe von enormer digitaler und analoger Gewalt. Unsere initiale Ablehnung von Winkler als HateAid-Klient wird von den Täter*innen instrumentalisiert und als Begründung genutzt, das Cybermobbing weiterzutreiben. Zeit für eine Klarstellung.
Als wir Ende 2021 entscheiden mussten, ob wir Rainer Winkler als Klient betreuen, befanden wir uns in einer herausfordernden Situation. Zu diesem Zeitpunkt war der Creator bereits erstinstanzlich wegen Beleidigung von Polizeibeamt*innen und gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden und das Gericht hatte uns als mögliche Anlaufstelle benannt. Darüber hinaus war das sogenannte „Drachengame“ bereits im vollen Gang und spielte sich längst nicht mehr nur im Internet ab. Rainer Winkler hatte u. a. bereits Menschen, die auf sein Grundstück gelangt waren, mit Steinen beworfen.
In unserer Beratung haben wir einen Kodex: Wer selbst (digitale) Gewalt verbreitet, bekommt höchstens eine Erstberatung, jedoch keine weiterführende Unterstützung. Nach unserer damaligen Bewertung der Situation war dies bei Rainer Winkler der Fall, sodass wir diese Regel angewendet haben. Aus diesem Grund gab es zunächst nur oberflächlichen Kontakt mit ihm und seinem Bewährungshelfer, welcher sich vor allem auf die Vermittlung weiterführender Beratungsangebote konzentrierte.
Als Rainer Winkler auf seinem YouTube-Kanal darüber sprach, dass HateAid ihm Unterstützung versagt, bekamen wir viele z. T. verstörende Zuschriften von seinen sogenannten „Haidern“. Im Anschluss daran gab es ein weiteres Beratungsgespräch mit Rainer Winkler und seinem Bewährungshelfer, dessen Inhalt wir zu Wahrung der Verschwiegenheit nicht öffentlich machen können.
Wir haben uns seitdem intensiv mit dem Fall Rainer Winkler beschäftigt und in dem Zuge ausführlich mit Personen gesprochen, die ihn und seine aktuelle Situation kennen. Die eskalierende Gewalt- und Mobbingspirale, der Rainer Winkler seit Jahren ausgesetzt ist, halten wir für menschenunwürdig und zutiefst beschämend. Wir verwahren uns dagegen, dass unsere initialen Aussagen von den Täter*innen als Rechtfertigung für Mobbing und Hetze benutzt werden. Dafür wird und kann es nie eine Rechtfertigung geben.
Dieser Fall ist komplex, außergewöhnlich und einzigartig. Wir sind davon überzeugt, dass deswegen nicht ein Unterstützungsangebot allein Abhilfe schaffen kann. Wir sind jedoch auch zu dem Schluss gelangt, dass es verfehlt war, unsere interne Regel zur Beratung von Menschen, die selbst digitale Gewalt verbreiten, in diesem Fall schematisch anzuwenden. Wir haben in unserer Beurteilung zu wenig das Ausmaß des „Drachengame“, die Komplexität des Falles und die persönliche Situation von Rainer Winkler berücksichtigt. Die Körperverletzungsdelikte, die ihm zu dieser Zeit vorgeworfen wurden, sowie die diskriminierenden Äußerungen in seinen eigenen Videos sind aller Wahrscheinlichkeit nach durch die hohe psychische und physische Belastung motiviert gewesen.
Wir haben dies zum Anlass genommen, um diese Regel differenzierter auszugestalten. Gleichzeitig prüfen wir derzeit, welches Angebot wir von HateAid im Rahmen unserer Expertise und personellen Kapazitäten leisten könnten, um Herrn Winkler zu unterstützen. Dieses könnte sich z. B. auf das Stellen von Strafanzeigen und die Finanzierung von zivilrechtlichen Verfahren erstrecken.
Weitere Informationen
E-Mail: kontakt@hateaid.org, Telefon: +49 (0)30 25208837