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Erfolg für Claudia Roth und alle Betroffenen - Wer trotz Kenntnis nicht löscht, haftet. Zu sehen ist ein Foto von Claudia Roth.

Lücke geschlossen: HateAid und Claudia Roth schaffen Präzedenzfall gegen Hass 

Es geht um die Frage der Haftung für illegale Inhalte auf Social Media. Werden illegale Inhalte, wie z. B. Hasskommentare dort gepostet, ist die Person für die Löschung verantwortlich, von deren Account diese abgesetzt wurden. Das gilt auch dann, wenn die Person davon Kenntnis erlangt, zur Löschung aufgefordert wurde und behauptet, die Inhalte nicht selbst gepostet zu haben. Etwa, weil jemand anderes Zugriff auf das Konto hatte. Das hat das Landgericht Frankfurt am Main in einem wegweisenden Urteil klargestellt. Es ist ein Meilenstein für Betroffene von digitaler Gewalt.

„Ich war es nicht.“ – „Jemand anderes hat mein Smartphone benutzt.“ – „Mein Konto wurde gehackt.“ Mit solchen Behauptungen weisen Menschen die Verantwortung für Hasskommentare regelmäßig von sich. Gerichte erteilen dieser Strategie jetzt eine Absage: Wer davon erfährt, dass vom eigenen Account rechtswidrige Inhalte gepostet wurden, muss diese löschen – oder haftet dafür vollumfänglich. Hintergrund des Urteils ist ein herabwürdigender Kommentar über Staatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) auf der Plattform Facebook. Trotz Abmahnung und einstweiliger Verfügung löschte der Inhaber des für den Kommentar verantwortlichen Accounts diesen bis heute nicht. Stattdessen legte er Widerspruch und schließlich Berufung ein: Er sei es nicht gewesen. Die Äußerung sei von seinem Diensthandy aus – auf das auch Mitarbeitende und Dritte Zugriff hätten – über seinen Account gepostet worden. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bestätigte nun in der Berufungsentscheidung das Urteil des Landgerichts und machte deutlich: Das ist unerheblich. Als Accountinhaber muss er den Kommentar löschen, sobald er davon Kenntnis erlangt.

Dazu Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien:
„Herabwürdigende Zitate schaden nicht nur den Betroffenen, sondern allen. Vor allem Frauen erleben in den sozialen Netzwerken Hass und Erniedrigung, aber auch andere marginalisierte Gruppen trifft es besonders häufig. Viele wichtige Stimmen und Perspektiven werden damit systematisch aus dem Diskurs, aus unseren Debattenräumen gedrängt. Das ist eine Gefahr für die Meinungsvielfalt und unsere Demokratie. Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns zur Wehr setzen. Wir müssen zeigen, dass das Netz kein rechtsfreier Raum ist und digitale Gewalt konsequent juristisch verfolgen.“

Bislang waren Betroffene in der Bringschuld: Sie mussten belegen, von wem ein Hasskommentar tatsächlich verfasst wurde, um zivilrechtlich dagegen vorgehen zu können. Mit dem Beschluss im Berufungsverfahren hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt. Damit wurde diese Hürde für den Bereich der digitalen Gewalt erstmals in Deutschland gekippt: Betroffene haben einen Anspruch auf umgehende Entfernung rechtswidriger Inhalte durch diejenigen, von deren Accounts sie gepostet wurden, sobald diese davon Kenntnis erlangen. Das gilt unabhängig davon, wer die fraglichen Äußerungen tatsächlich getätigt hat. Künftig wird also die Beweisführung und damit die Rechtsdurchsetzung in Fällen von digitaler Gewalt erleichtert.

Dazu Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid:
„Wir erleben immer wieder, wie sich Täter*innen vor Gericht damit herausreden, sie hätten die Hasskommentare nicht selbst geschrieben. Diese Strategie geht bislang viel zu oft auf: Gerichte gingen sehr unterschiedlich damit um, für die Betroffenen war es ein Glücksspiel. Das jetzige Urteil könnte dem ein Ende machen: Es stärkt diejenigen, die im Internet angegriffen werden. Von nun an ist klar: Ausreden schützen nicht vor Konsequenzen.“

Rechtsanwältin Verena Haisch von der Kanzlei Cronemeyer Haisch vertritt Claudia Roth in diesem Verfahren und äußert sich wie folgt:
„Es macht mich fassungslos, dass Täter*innen ernsthaft glauben, sich mit frei erfundenen Ausreden aus der Affäre ziehen zu können. Mit dem jetzigen Urteil ist über den Einzelfall hinaus klar: Solche Schutzbehauptungen reichen nicht aus, um einer rechtlichen Haftung zu entgehen.”

HateAid gGmbH

Die gemeinnützige Organisation HateAid wurde 2018 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Berlin. Sie setzt sich für Menschenrechte im digitalen Raum ein und engagiert sich auf gesellschaftlicher wie politischer Ebene gegen digitale Gewalt und ihre Folgen. HateAid unterstützt Betroffene von digitaler Gewalt konkret durch Beratung und Prozesskostenfinanzierung. Geschäftsführerinnen sind Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon. 

HateAid ist Trägerin der Theodor-Heuss-Medaille 2023.   

Pressekontakt: presse@hateaid.org, Tel. +49 (0)30 25208837

Pressematerial


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