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HateAid Pressemitteilung - Bild mit blauer Hintergrundfarbe und der Aufschrift "Pressemitteilung"

Aufsichtsbehörden in der Pflicht: Tod eines Menschen wird live gestreamt

Die tragischen Umstände des Todes von Raphaël Graven (alias Jean Pormanove) zeigen einmal mehr: Online-Plattformen sind nicht nur passive Akteure bei der Verbreitung von gewaltvollen Inhalten, sondern aktive Mitwirkende. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen, doch schweigen reicht nicht, es ist höchste Zeit klare Regeln zur Plattformregulierung durchzusetzen.

Der Streamer Raphaël Graven, bekannt als Jean Pormanove, starb am 18. August 2025 im Verlauf eines mehrtägigen Livestreams. Der Stream lief rund 298 Stunden. In dieser Zeit wurde er live erniedrigt, geschlagen, gewürgt, Schlafentzug und giftigen Substanzen ausgesetzt. Sein Tod wurde live übertragen, ohne dass irgendjemand einschritt. Stattdessen gab es von den Zuschauenden Likes und es wurden Einnahmen aus Abos des Kanals generiert, von denen auch die Plattform profitiert. Besonders bestürzend: sobald Gewalt ins Spiel kam, stiegen die Abozahlen und damit die Einnahmen des Kanals (und der Plattform), berichtet die Tagesschau.

Dabei hätte es Möglichkeiten gegeben, gegen die Verbreitung illegaler Inhalte auf der Plattform durch Aufsichtsbehörden vorzugehen. Diese wurden durch die Plattform Kick erschwert, weil sie das europäische Gesetz (Digital Services Act) nicht umsetzte, sondern es anscheinend vorzog, mit gewaltvollen Inhalten weiter Geld zu verdienen. Denn nach Einschätzung von HateAid verstößt die Plattform gleich gegen mehrere Vorschriften der europäischen Plattformregulierung, insbesondere des Digital Services Acts:

  1. Die in Australien ansässige Plattform Kick hat nach Erkenntnissen von HateAid keinen gesetzlichen Vertreter gemäß Artikel 13 des Digital Services Acts innerhalb der EU benannt, um die Erreichbarkeit für die Aufsichtsbehörden sicherzustellen. Dieser müsste gemäß Art. 13 Abs. 4 DSA veröffentlicht werden. Weil die Plattform aber keinen gesetzlichen Vertreter benannt hat, kann jede Aufsichtsbehörde für digitale Dienste eines europäischen Mitgliedsstaats Aufsichtsbefugnisse ausüben – in Deutschland wäre das die Bundesnetzagentur. Das wurde tatsächlich auch versucht: Ausweislich des Transparenzberichts des 2. Quartals 2024 haben die Plattform Kick zwei Informationsersuche von europäischen Aufsichtsbehörden aus Deutschland und Litauen erreicht. HateAid fordert daher die Bundesnetzagentur jetzt auf, diese nach diesem tragischen Vorfall nun auch mit aller Konsequenz weiterzuverfolgen.
  2. Darüber hinaus setzt Kick nach Auffassung von HateAid auch die Vorschriften zur Meldung von rechtswidrigen Inhalten nicht um. Sie verweist zwar auf eine E-Mailadresse, an die man sich wenden kann. Diese genügt jedoch nicht den Vorgaben des Art. 16 DSA, welcher Online-Plattformen zur Einrichtung leicht zugänglich und benutzerfreundlicher Meldewege verpflichtet.
  3. HateAid wurde im Juni 2025 als Trusted Flagger zertifiziert und hat sich heute an die Plattform gewandt, um in Erfahrung zu bringen, wie man diese für Meldungen erreichen kann. Eine Antwort ist bis jetzt nicht eingegangen.

Auch die Plattform selbst verbietet die Verbreitung illegaler Inhalte wie Selbstverletzung (1.4 Q der Nutzungsbedingungen) in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie offensichtlich in diesem Fall nicht anwendet.

Dazu Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid:  
„Der Fall zeigt, wie schwierig die Durchsetzung europäischer Plattformregulierung ist. Nicht zuletzt, weil der Digital Services Act, eine Verordnung zum Schutz von Nutzenden, zunehmend durch große soziale Netzwerke wie X und Facebook, aber auch durch Politiker*innen in und außerhalb Europas in Frage gestellt und als Zensurinstrument diffamiert wird. Europäische Aufsichtsbehörden müssen die Einhaltung des DSA gerade jetzt besonders konsequent einfordern. Dieser erschreckende Fall zeigt, warum dies notwendig ist: Plattformen stellen Klickzahlen und Profit über die Sicherheit der Nutzenden.“

Diese Tragödie ist kein „Unfall“, sie ist ein Weckruf. Solange Plattformen Profit unreguliert und konsequenzlos über den Schutz von Menschen und Menschenrechten stellen, solange sie provozierende, polarisierende und gewaltvolle Inhalte mit Aufmerksamkeit belohnen, statt sie zu moderieren, nehmen wir die nächste Eskalation in Kauf.

HateAid gGmbH

Die gemeinnützige Organisation HateAid wurde 2018 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Berlin. Sie setzt sich für Menschenrechte im digitalen Raum ein und engagiert sich auf gesellschaftlicher wie politischer Ebene gegen digitale Gewalt und ihre Folgen. HateAid unterstützt Betroffene von digitaler Gewalt konkret durch Beratung und Prozesskostenfinanzierung. Geschäftsführerinnen sind Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon. 

HateAid ist Trägerin der Theodor-Heuss-Medaille 2023, des Rothenburger Preises für Erinnerung und Zukunft, des Wertepreises für Demokratie der Werte-Stiftung und des For..Net Awards der Technischen Universität München.

Pressekontakt: presse@hateaid.org, Tel. +49 (0)30 25208837

Pressematerial


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