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Bundesjustizministerium streicht Förderung für Beratung bei Online-Hass

HateAid ist von den Haushaltskürzungen der Bundesregierung betroffen: Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) wird nach eigener Angabe die Förderung der gemeinnützigen Organisation im kommenden Jahr wider Erwarten einstellen. Dabei handelt es sich um 600.000 Euro pro Jahr, die einen wesentlichen Teil der Beratung für Betroffene von digitaler Gewalt finanzieren sollten.

HateAid hat bundesweit bereits mehr als 3.300 Betroffene von digitaler Gewalt unterstützt. Zum Angebot zählen unter anderem emotional-stabilisierende Erst-, Kommunikations- und Sicherheitsberatung. Seit 2020 wird dieses Engagement insbesondere durch eine Förderung des BMJ ermöglicht. Nun ist dieses jedoch aufgrund der Haushaltskonsolidierung zur Einhaltung der Schuldenbremse dazu angehalten, Kürzungen vorzunehmen. Sofern sich an dieser Entscheidung nichts ändert, bedeutet das massive Einschränkungen für die Arbeit von HateAid – und damit die Unterstützung von Menschen, die im digitalen Raum Hass und Hetze erleben.

Dazu Josephine Ballon, Head of Legal bei HateAid:  
 
„Die Sparmaßnahmen treffen das Herzstück unserer Arbeit: die Betroffenenberatung. Das ist angesichts stetig steigender Fallzahlen ein katastrophales Zeichen. Und es spielt denjenigen in die Hände, die digitale Gewalt gezielt einsetzen, um die Polarisierung der Gesellschaft voranzutreiben. Denn die im Bundeshaushalt vorgesehenen Kürzungen für zivilgesellschaftliche Initiativen kommen zu einer Zeit, in der rechtsextreme Bewegungen weltweit Zulauf erhalten und Menschen auf der Straße wie im Netz attackiert werden. Hier zu sparen, heißt die Demokratie zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt zu schwächen.“    

Bereits im vergangenen Jahr war eine weitere Verlängerung der Förderung aufgrund von Sparmaßnahmen in Frage gestellt worden. Erst mit einem Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags wurde diese für 2023 zugesichert. Im Zuge dessen wurde HateAid durch eine sogenannte Verpflichtungsermächtigung eine Fortsetzung der Förderung 2024 und 2025 in Höhe von jeweils 600.000 Euro in Aussicht gestellt (Kapitel 0710 Titel 684 01). Im Koalitionsvertrag hatte sich die Bundesregierung ursprünglich große Ziele gesetzt: Zusammen mit dem geplanten Gesetz gegen digitale Gewalt wird dort das Vorhaben erwähnt, „umfangreiche Beratungsangebote“ aufzusetzen. Ein solches stellt die Betroffenenberatung bei HateAid bereits dar. Mit 12 Mitarbeitenden macht sie rund ein Viertel der gesamten Organisation aus. Speziell zu digitaler Gewalt geschulte Sozialpädagog*innen und Psycholog*innen bieten eine in Deutschland einzigartige Anlaufstelle für Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet, die digitalen Angriffen ausgesetzt sind. Darunter sind beispielsweise Kommunalpolitiker*innen, Journalist*innen oder Aktivist*innen, die durch koordinierte Hasskampagnen mundtot gemacht werden sollen. Dazu Frauen, bei denen versucht wird, ihre gesellschaftliche Teilhabe durch Vergewaltigungsandrohungen und bildbasierte Gewalt einzuschränken.

Dazu Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid:  
 
„Ziel der Beratung von HateAid ist immer, dass Menschen, die online Hass und Hetze erfahren haben, nicht verstummen, sondern weiterhin zum Diskurs und der öffentlichen Meinungsbildung beitragen. Wir betrachten dies als essentiellen Beitrag zur Aufrechterhaltung einer ausgewogenen demokratischen Debatte. Diese Arbeit können wir aber nur tun, wenn wir ausreichend und verlässlich finanziert werden. Die Menschenwürde im Netz sollte uns das immer wert sein.“    

Abstimmung und Beschluss zum Bundeshaushalt in Bundestag und Bundesrat sind zu Jahresende vorgesehen. Da der Einzelplan des BMJ im Regierungsentwurf nach eigenen Angaben des Ministeriums keine weitere Förderung von HateAid vorsieht, wird das Beratungsangebot voraussichtlich nicht in der bisherigen Form aufrechterhalten werden können. So könnten etwa massive Einschränkungen in der Erreichbarkeit der Beratung erforderlich werden. Durch andere Fördermaßnahmen kann dieser Wegfall nicht kompensiert werden, da diese Mittel zweckgebunden und dementsprechend für bestehende Projekte vorgesehen sind. Durch die Ankündigung des Wegfalls der Förderung erst Mitte Juli bleibt nur wenig Zeit, rechtzeitig andere Mittel zu generieren. Sie stellt HateAid zudem vor schwierige Rechtsfragen, etwa dazu, wie mit laufenden Arbeitsverträgen umzugehen ist. Das ist eine prekäre Lage, sowohl für das Team der Organisation als auch für diejenigen, die täglich digitaler Gewalt ausgesetzt sind. Im kommenden Jahr wird HateAid mehr denn je auf freie Spenden angewiesen sein, um die Auswirkungen dieser Entscheidung der Bundesregierung für die Unterstützung von Betroffenen so gering wie möglich zu halten.

HateAid gGmbH

Die gemeinnützige Organisation HateAid wurde 2018 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Berlin. Sie setzt sich für Menschenrechte im digitalen Raum ein und engagiert sich auf gesellschaftlicher wie politischer Ebene gegen digitale Gewalt und ihre Folgen. HateAid unterstützt Betroffene von digitaler Gewalt konkret durch Beratung und Prozesskostenfinanzierung. Gründungsgeschäftsführerin ist Anna-Lena von Hodenberg.  

HateAid ist Trägerin der Theodor-Heuss-Medaille 2023.

Pressekontakt: presse@hateaid.org, Tel. +49 (0)30 25208802

Pressematerial


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