Eine unterfinanzierte Zivilgesellschaft gefährdet die Demokratie – Ein offener Brief
Das Nettz, GMK, HateAid und Neue deutsche Medienmacher*innen fordern mit über 50 Partner*innen die Aufhebung der Ausgabensperre
Die derzeitige Ausgabensperre für 2024 der Bundesregierung verhindert die Auszahlung zugesagter Förderungen. Für uns als Organisationen der Zivilgesellschaft hat das dramatische Folgen: Viele der vom Bund geförderten Demokratieprojekte werden Mitarbeitende entlassen müssen. In einigen Fällen werden über Jahre gewachsene Projekte für immer ihre Türen schließen.
Der Grund dafür ist die Ausgabensperre und der noch nicht verabschiedete Haushalt 2024 der Bundesregierung, die die Auszahlung der zugesagten Förderungen für die Projekte bis auf weiteres auf Eis legen. Viele der Projekte haben nicht die Ressourcen, um Gehälter vorzufinanzieren. Es droht das Sterben einer zivilgesellschaftlichen Landschaft, die sich seit Jahren überall in diesem Land für die Stärkung und Verteidigung der Demokratie, die Förderung von Medienbildung und Medienkompetenz, für Vielfalt sowie gegen digitale Gewalt und Desinformation engagiert.
Dabei ist unsere Demokratie so stark bedroht wie noch nie – durch den Rechtsextremismus, durch die Vertrauenskrise, durch Antisemitismus, Islamismus, Rassismus, Antiziganismus und Queerfeindlichkeit sowie durch Angriffe auf Amts- und Mandatsträger und -trägerinnen.
Gefährdet sind die Arbeitsplätze, die bei anhaltendem Stopp der Bewilligung von Anträgen, der Weigerung Mittel zuzuweisen und der sowieso fehlenden strukturellen Förderung nicht gehalten werden können. Menschen, die sich mit großem Engagement, viel Wissen und Mut engagieren, werden ihren Arbeitsplatz verlieren und damit ist die inhaltliche und praktische Umsetzung der Arbeit nicht mehr möglich.
Wir brauchen jetzt die sofortige Freigabe der Fördermittel. Nur so kann die Weiterarbeit der zivilgesellschaftlichen Organisationen gesichert werden.
Und nur so können unsere Organisationen sich gegen die Vertrauenskrise vieler Menschen in den demokratischen Staat, für rechtsstaatliche Antworten auf die aktuellen Krisen, nicht zuletzt auch für eine klare Abgrenzung gegenüber rechtsextremen Tendenzen, die sich in der Mitte der Gesellschaft ausbreiten, einsetzen. Eine Bewilligung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn reicht nicht aus, da die eigenen Mittel der Vereine und Institutionen zu beschränkt sind, um auf eigene Kosten mit der Umsetzung der Projekte zu beginnen.
Wir fordern:
- Aufhebung der Ausgabensperre für die Fördermittel der zivilgesellschaftlichen Organisationen, in Bezug auf Projekte, die im Haushaltsentwurf angelegt sind,
- die zügige Umsetzung des seit über zehn Jahren immer wieder angekündigten Demokratiefördergesetzes,
- stärkere und dauerhafte strukturelle Förderung und mehr Durchlässigkeit bei der Förderung,
- keine Einsparung bei der Förderung und Finanzierung aller Projekte und Institutionen, die sich für unsere liberale Demokratie einsetzen.
Der Gestaltungsspielraum für zivilgesellschaftliche Arbeit darf nicht weiter eingeschränkt werden, sondern muss gerade in diesen Zeiten stärker ausgebaut werden, um unser demokratisches Gemeinwesen zukunftsfähig gestalten zu können.
HateAid-Geschäftsführerin Anna-Lena von Hodenberg zum offenen Brief:
„Die Haushaltssperre des Bundes hat dramatische Folgen: Es droht das Sterben einer ganzen zivilgesellschaftlichen Landschaft, die sich seit Jahren für unsere Demokratie stark macht. Insbesondere in diesen Zeiten, in denen rechtsextreme Bewegungen Zulauf erhalten, ist das brandgefährlich. Die Bundesregierung muss jetzt handeln, um das Schlimmste zu verhindern.“
Erstunterzeichner*innen
- adis e. V.
- Akademie Waldschlösschen – Stiftung Rainer Marbach und Ulli Klaum
- Amadeu Antonio Stiftung
- Antidiskriminierungsforum Saar e. V.
- Antidiskriminierungsverband Deutschland e. V.
- Annette Joggerst, Antidiskriminierungsberaterin
- Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V.
- basis & woge e. V.
- betterplace lab
- betterplace.org
- BfDA Stuttgart
- bUm – Raum für solidarisches Miteinander
- Bundesarbeitsgemeinschaft „Ausstieg zum Einstieg“ e. V.
- Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus
- Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus e. V.
- CLAIM
- Courage – Werkstatt für demokratische Bildungsarbeit e.V. (NDC in Sachsen)
- Cultures Interactive e. V.
- Dachverband der Migrant*innenorganisationen in Ostdeutschland e.V. – DaMOst e.V.
- Das NETTZ
- Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V. (DeGeDe)
- Deutsches Kinderhilfswerk e. V.
- Distanz e.V.
- Each One Teach One e. V.
- elly – Beratung für Betroffene von Hatespeech in Thüringen
- Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW
- Fachstelle Kinderwelten für Vorurteilsbewusste Bildung/ ISTA/ INA Berlin gGmbH
- FITT – Institut für Technologietransfer an der Hochschule für Technik und Wirtschaft
des Saarlandes gem. GmbH - Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur
- Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e. V.
- gut.org gAG
- HateAid
- Hildegard Lagrenne Stiftung für Bildung, Beteiligung und Inklusion von Sinti und
Roma in Deutschland - Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (IDA e. V.)
- Initiative Offene Gesellschaft e. V.
- Jugendbildungsstätte LidiceHaus gGmbH
- korientation. Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven e. V.
- Landesarbeitsgemeinschaft Offene Jugendbildung Baden-Württemberg e. V.
- Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)
- Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e. V.
- mitMachen e. V.
- Modus | Zentrum für angewandte Deradikalisierungsforschung gGmbH
- Mosaik Deutschland e. V.
- Nava Zarabian – Politische Bildnerin
- Neue deutsche Medienmacher*innen e. V.
- neue deutsche organisationen – das postmigrantische netzwerk e. V.
- Netzwerk für Demokratie und Courage e.V. (NDC)
- Opferberatung Rheinland (OBR)
- Opferperspektive e. V.
- Schwulenberatung Berlin gGmbH
- Türkische Gemeinde in Deutschland e. V.
- Ufuq e. V.
- Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und
antisemitischer Gewalt (VBRG e. V.) - Verein für Demokratische Kultur in Berlin (VDK) e. V., Träger der Mobilen Beratung
gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) - Violence Prevention Network gGmbH
- Volksverpetzer VVP gUG
Weitere Unterzeichner*innen
- Start with a Friend e. V.
- Zeitgeist e. V.
- Jugendbildungsstätte Kurt Löwenstein e. V.
- Spiegelbild – Politische Bildung aus Wiesbaden e. V.
- Kompetenznetz Islam und Gesellschaft e. V.
- medienblau gGmbH
- Seitenstark e. V.
- Wertzeug e. V. – Verein für Demokratiebildung
- International Rescue Committee IRC Deutschland gGmbH
- ichbinhier e. V.
- Future Challenges e. V.
- Drudel 11 e. V.
- Minor – Projektkontor für Bildung und Forschung
- Institut für Demokratiepolitik & Organisationsberatung
- GePGeMi e. V.
- Spiegelbild- Politische Bildung aus Wiesbaden e. V.
- Über den Tellerrand e. V.
- BIWOC* Rising
- Blinde Kuh e. V.
- Deutsches Kinder- und Jugendfilmzentrum (KJF)
- AGABY e. V.
- BEFORE e. V.
- Schöpflin Stiftung
- Frithjof Nürnberger, Referent Ehrenamtsentwicklung Nordkirche, Evangelischer Kirchenkreis Pommern.
- LAG Lokale Medienarbeit NRW e. V.
- medialepfade.org – Verein für Medienbildung e. V.
- Pinkstinks Germany e. V.
- La Red e. V.
- Korea-Verband e.V.
- DJV – Deutscher Journalisten-Verband e.V.
- IFAK e.V -Verein für multikulturelle Kinder-und Jugendhilfe-Migrationsarbeit
Weitere Informationen
E-Mail: kontakt@hateaid.org, Telefon: +49 (0)30 25208837