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Sexueller Missbrauch in Online-Chats

24 % der Kinder und Jugendlichen in Deutschland wurden schonmal von einer erwachsenen Person online kontaktiert und von dieser nach einem realen Treffen gefragt, so die Studie der Landesanstalt für Medien NRW 2021. In vielen Fällen waren die Kontaktaufnahmen eine Form sexueller Belästigung. Diese Form sexueller digitaler Gewalt wird Cybergrooming genannt. 

Beispiel-Chat-Verlauf, welcher eine sexuelle Anbahnung in einem Chat zeigt.
Definition und Hintergründe

Was ist Cybergrooming? 

Cybergrooming (aus dem Englischen cyber = digital und grooming = anbahnen) fängt meistens mit einem netten, unverfänglichen Gespräch in einem Online-Chat an. Auf sozialen Netzwerken, in Messenger-Diensten oder über Chats in Online-Games kontaktieren die Täter*innen die Betroffenen mit harmlosen Nachrichten, die sich nach und nach zu sexueller Belästigung und Missbrauch entwickeln. Der Begriff bezieht sich vor allem auf erwachsene Täter*innen, welche Kinder oder Jugendliche im Netz in Gespräche verwickeln, um letztlich sexuelle Leistungen oder reale Treffen einzufordern. 

Cybergrooming, so die Definition, meint eigentlich die Vorbereitung von sexuellem Missbrauch oder Belästigung. Für einige wirkt dieses Verständnis verharmlosend. Doch schon die Anbahnung oder der Versuch ist sexuelle Belästigung und verfolgt das Ziel, Kinder und Jugendliche sexuell auszubeuten oder zu missbrauchen. 

Es gibt verschiedene Arten von Cybergrooming bzw. unterschiedliche Ziele, die die Täter*innen mit ihren Angriffen verfolgen:  

  • So kann das Ziel des Grooming-Angriffs sein, die Betroffenen zu einer Verabredung an einem analogen Ort zu überreden. 
  • Häufig locken die Täter*innen aber auch mit Versprechungen, für die sie umgekehrt bspw. Fotos oder Videos haben möchten.  
  • Außerdem werden Betroffene oft aufgefordert, sich vor der Kamera auszuziehen. 
Wer ist betroffen?

Das Ziel: Kinder und Jugendliche

Diese Form der digitalen Gewalt richtet sich vor allem gegen Kinder und Jugendliche. Allen Kindern, die sich im digitalen Raum bewegen, sei es auf Messenger-Diensten oder Gaming-Plattformen, kann so etwas passieren. Sie werden in diesen Szenarien häufig massiv getäuscht. Die Gespräche beginnen harmlos, der Kontakt wird über einen längeren Zeitraum hergestellt und plötzlich befinden sie sich in sexuellen Online-Gesprächen oder vor der Aufforderung zu einer sexuellen Handlung. Gerade im digitalen Raum fühlen sich die meisten Menschen sicher, wodurch Schutzmechanismen und ein Bauchgefühl” häufig verlorengehen. Die Täuschung führt dazu, dass solche Angriffe ein großes Schamgefühl bei den Betroffenen auslösen. 

Aus diesem Grund gehen Expert*innen davon aus, dass die Dunkelziffer dieser Übergriffe sehr viel höher ist als die Zahlen in Studien.

Rechtliche Situation

Ist Cybergrooming eine Straftat?

Sexueller Missbrauch von Kindern ist eine Straftat. Der § 176 im Strafgesetzbuch (StGB) regelt dieses Verbrechen. Darin wird unter anderem festgehalten, dass sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geahndet werden.  

Mit dem § 176a StGB wurde das Gesetz ausgeweitet auf den sexuellen Missbrauch ohne Körperkontakt. Das ist ein wichtiger Schritt, um ausschließlich online stattfindenden Missbrauch zu ahnden.  

Noch weiter geht der § 176b StGB, der auch die Vorbereitung eines sexuellen Missbrauchs von Kindern unter Strafe stellt. Damit wird strafrechtlich explizit auf Cybergrooming eingegangen.  

Also: Bereits die Anfrage oder Anbahnung sexueller Handlungen an Kindern im digitalen Gespräch ist strafbar. Cybergrooming kann demnach eine Straftat sein.

Schatten einer Person mit Handy in der Hand.

Die Täter*innen täuschen die Betroffenen massiv. Foto: Scopio / Kazuhiko Nakao

Strategien hinter den Taten

So gehen Täter*innen vor

Täter*innen bewegen sich auf verschiedensten digitalen Plattformen. Sie nehmen unter anderem über Instagram, Tik Tok, Twitch oder YouTube Kontakt mit den Betroffenen auf. Aber auch GamingPlattformen wie FIFA22 Online oder Minecraft sind Orte digitalen Missbrauchs. Häufig werden die Gespräche dann in Messenger-Dienste wie Whatsapp verlagert.

Täter*innen gehen in den meisten Fällen so vor, dass sie zunächst einen lockeren und netten Kontakt herstellen, oft mit einem Fake-Profil. Sie täuschen vor, gleichaltrig zu sein oder geben sich als Fotograf*in oder Modelagent*in aus. So erlangen sie Vertrauen, erwecken Hoffnungen und verwickeln die Kinder und Jugendlichen in längere Chat-Gespräche.

In diesen Gesprächen versuchen die Täter*innen mehr über die Betroffenen herauszufinden. Alter, Geschlecht, Wohnort und die soziale Situation. Gerade Letzteres nutzen sie aus: Sie zeigen Verständnis für Probleme und Gefühle der Betroffenen und bauen so eine Bindung aus.

Häufig versuchen die Täter*innen dann, die Kinder dazu zu überreden, Fotos zu schicken oder sich in Video-Gesprächen zu zeigen. Oft schlagen sie dafür vor, auf private Kommunikationsdienste zu wechseln, bspw. zu Whatsapp. Hier wird explizit nach sexuellen Handlungen oder realen Treffen gefragt.

Die Täter*innen nutzen private Details der Betroffenen, vorher gesendete Bilder oder Nachrichten zur Erpressung. Dadurch trauen sich viele Betroffene nicht mehr, Hilfe zu holen und befinden sich in einem Teufelskreis, aus dem sie schwer herauskommen.

Das Y-Kollektiv hat sich in ihrer Doku zu Cybergrooming das Verhalten der Täter*innen genauer angeschaut und gibt in diese Strategien nochmal einen tiefgehenden Einblick.

Erkenne Cybergrooming

So erkennst du digitales Grooming

Folgende Anzeichen deuten auf Cybergrooming hin: 

  • Ein unglaubwürdiges Profil: Komische oder keine Bilder, kaum Informationen 
  • Viele Komplimente und sexuelle Anspielungen in den Nachrichten  
  • Zustimmung und Verständnis für alles, was du schreibst 
  • Versprechungen, wie eine Modellkarriere oder Geschenke, werden gemacht 
  • Nachfrage nach persönlichen oder privaten Details 
  • Die Anfrage von Fotos oder Videos 
  • Eine Einladung zu einem Video-Gespräch, wobei die Kamera der Online-Bekanntschaft „kaputt” ist 
  • Die Frage nach einem Wechsel von der Plattform zu einem Messenger-Dienst
  • Die Bitte oder Aufforderung, die Gespräche und den Kontakt geheim zu halten 

Wenn du dich im digitalen Raum bewegst, solltest du generell einige Regeln befolgen. Es ist immer gut, nicht zu viele Details von sich preiszugeben. Schütze deine Daten wie Wohnort, Bankkontendetails, Fotos oder Lieblingsorte davor, von Fremden genutzt zu werden. Achte also auf die Privateinstellungen deiner Accounts. 

Eine erwachsene Person und ein Kind verschränken ihre Hände.

Viele Betroffene trauen sich nicht Hilfe zu holen. Foto: Scopio /Armel Pedone

Angebote für Betroffene und Angehörige

Das kannst du bei Cybergrooming tun

Diese drei Dinge solltest du immer direkt tun: 

  • Wenn du von einem Angriff betroffen bist oder etwas mitbekommst, solltest du immer einen rechtsicheren Screenshot machen.  
  • Anzeige zu erstatten kann manchmal schwerfallen, ist aber sehr wichtig. Nur, wenn solche Straftaten bei der Polizei gemeldet werden, können andere geschützt und Täter*innen abgeschreckt werden. 
  • Melde solch einen Vorfall auch bei den Plattformen selbst. So können User*innen geblockt werden. Aber auch wenn auf deine Meldung keine Reaktion kommt, ist es wichtig den Netzbetreiber*innen zu zeigen, was auf ihren Plattformen passiert. 

Melde dich hier, wenn du betroffen bist:

Du kannst dir Hilfe holen, auch wenn du nur die Vermutung hast, dass du von Cybergrooming betroffen bist: Sprich mit deinen Eltern, Lehrkräften oder anderen Vertrauenspersonen. Wenn du das nicht möchtest, kannst du dich an folgende professionelle Stellen wenden: 

  • Nummer gegen Kummer: Kinder- und Jugendtelefon: 116 111, Mo bis Sa von 14 – 20 Uhr oder per Mail oder Chat über die Online-Beratung
  • Juuuport.de bietet zu verschiedenen digitalen Gewaltthemen kostenfreie Beratung per Whatsapp 
  • Hilfe-portal-missbrauch.de hilft dir, eine passende Beratung online oder analog zu finden. 
  • Das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch: 0800-30 50 750

Melde dich hier, wenn du Betroffene kennst:

Bist du ein Elternteil oder ein*e Freund*in von einer betroffenen Person? Versuche erst einmal, ein vertrauensvolles Gespräch aufzubauen. Vermittle das Gefühl, dass nichts falsch gemacht wurde und keine negativen Konsequenzen drohen. Gib der betroffenen Person auch den Freiraum, zu sagen, wie sie jetzt handeln möchte. Du kannst ihr die Kontaktmöglichkeiten oben empfehlen und ihr anbieten, ihr dabei zu helfen.  

Bei der Nummer gegen Kummer kannst du dich auch als Elternteil melden. Elterntelefon: 0800 – 111 0 550, Mo bis Fr von 9 – 17 Uhr, dienstags und donnerstags bis 19 Uhr.

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