Digital Services Act bringt neue Regeln für TikTok, X und Co.
HateAid zeigt, welche Rechte Nutzer*innen jetzt haben
Ab heute gilt der europäische Digital Services Act (DSA) – das „Internetgrundgesetz“ der EU – für sehr große Online-Plattformen wie Instagram, TikTok oder X. Damit gehen auch neue Rechte für Nutzer*innen einher. Die gemeinnützige Organisation HateAid klärt in einem Leitfaden darüber auf.
Mit dem Digital Services Act hat sich die Europäische Union bereits im vergangenen Jahr auf ein umfangreiches Regelwerk geeinigt, das einen sichereren digitalen Raum schaffen will. Es nimmt Anbietende digitaler Dienste – wie etwa Online-Marktplätze, Suchmaschinen oder Social-Media-Plattformen – stärker in die Verantwortung. Plattformen, die Nutzer*innen die Verbreitung eigener Inhalte ermöglichen, müssen den DSA ab dem 17. Februar 2024 innerhalb der EU einhalten. Für sehr große Plattformen ab mindestens 45 Millionen aktiven Nutzer*innen pro Monat gelten diese Regeln bereits ab heute. Darunter fallen auch die sozialen Netzwerke Facebook, Instagram, LinkedIn, Pinterest, Snapchat, TikTok, X (vormals Twitter) und YouTube. Das seit 2017 nur in Deutschland geltende Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) wird damit durch den DSA abgelöst. In einem neuen Leitfaden klärt HateAid im Rahmen des Landecker Digital Justice Movements darüber auf, was das für Nutzer*innen bedeutet und welche Rechte sie nun gegenüber den Plattformen haben.
Dazu Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid:
„In ganz Europa erleben wir, wie digitale Gewalt und Desinformation die Gesellschaft spalten und die Demokratie destabilisieren. Ab heute gibt der Digital Services Act Nutzer*innen innerhalb der EU neue Werkzeuge an die Hand, um sich dagegen zu wehren. Es ist wichtig, dass wir sie nutzen, Inhalte bei den Plattformen melden und unsere Rechte bei den Aufsichtsbehörden aktiv einfordern. Denn dafür sind sie da. Nur so bringen wir die Plattformen dazu, endlich ihrer Verantwortung nachzukommen.“
Das gilt ab jetzt für Nutzer*innen nach dem Digital Services Act:
Plattforminterne Meldewege: Der DSA verpflichtet die Plattformen dazu, Nutzer*innen die Möglichkeit zu geben, Inhalte direkt auf den Plattformen zu melden. Dies gilt für potenziell rechtswidrige Inhalte oder Verstöße gegen die internen Plattformrichtlinien. Sie können im Zweifel auch anonym gemeldet werden.
Interne Beschwerdewege: Wenn eine Online-Plattform nicht auf eine Meldung durch Nutzer*innen reagiert oder diese abweist, gibt es ab heute Möglichkeiten zur Beschwerde. So können Nutzer*innen etwa bis zu sechs Monate nach Erhalt der Information über die Ablehnung der Meldung eine erneute Überprüfung verlangen. Eine solche Beschwerde ist elektronisch und ohne Kosten möglich.
Trusted Flagger: Wenn eine Meldung nicht erfolgreich war, können sich Nutzer*innen darüber hinaus an bestimmte zivilgesellschaftliche Organisationen wenden. Diese sogenannten „Trusted Flagger“ verfügen über einen privilegierten Meldeweg und können in solchen Fällen unterstützen.
Außergerichtliche Streitbeilegung: Für eine unabhängige Bewertung des jeweiligen Falls können Betroffene darüber hinaus eine außergerichtliche Streitbeilegung einfordern. Diese kann von einer unabhängigen Institution, etwa von einer gemeinnützigen Organisation oder einer Anwaltskanzlei ausgerichtet werden.
Beschwerde bei der Koordinierungsstelle: Jeder Mitgliedsstaat hat eine oder mehrere zuständige Behörden für die Aufsicht über den Digital Services Act. Eine dieser Behörden ist die Koordinierungsstelle für digitale Dienste. Diese Institutionen werden spätestens im Februar 2024 benannt. In Deutschland wird dies voraussichtlich die Bundesnetzagentur sein. Wenn Nutzer*innen den Eindruck haben, dass der DSA durch eine Plattform missachtet wird, können sie sich an diese Koordinierungsstelle wenden. Diese kann Anordnungen und Sanktionen gegenüber den Plattformen verhängen.
Gerichtsverfahren: Selbstverständlich ist es weiterhin möglich, dass Nutzer*innen ihre Rechte vor Gericht geltend machen. Sofern es sich dabei um die Entfernung rechtswidriger Beiträge handelt, müssen sie diese zunächst an die Plattform gemeldet haben.
Kontaktwege: Plattformen müssen einen einfach zugänglichen, elektronischen Kontaktweg bereitstellen, nach dem Nutzer*innen nicht lange suchen müssen. Der Kontaktweg muss in der Nähe der Kontakteinstellungen auf der Online-Plattform zu finden sein.
Alle neuen Regelungen im Detail, sowie Tipps und Hinweise finden sich im von HateAid im Rahmen des Landecker Digital Justice Movements veröffentlichten Leitfaden.
HateAid gGmbH
Die gemeinnützige Organisation HateAid wurde 2018 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Berlin. Sie setzt sich für Menschenrechte im digitalen Raum ein und engagiert sich auf gesellschaftlicher wie politischer Ebene gegen digitale Gewalt und ihre Folgen. HateAid unterstützt Betroffene von digitaler Gewalt konkret durch Beratung und Prozesskostenfinanzierung. Gründungsgeschäftsführerin ist Anna-Lena von Hodenberg.
HateAid ist Trägerin der Theodor-Heuss-Medaille 2023.
Im Rahmen des Landecker Digital Justice Movements finanziert HateAid Grundsatzprozesse gegen Online-Plattformen, um grundlegende Nutzer*innenrechte gerichtlich klären zu lassen.
Pressekontakt: presse@hateaid.org, Tel. +49 (0)30 25208837