Digital Services Act: HateAid reicht Beschwerde gegen Pornoplattformen ein
HateAid hat gegen mehrere Pornoplattformen und anonyme File-Sharing-Dienste, auf denen pornographische Inhalte hochgeladen werden, am 05.06.2025 Beschwerde beim Digital Services Koordinator eingereicht. Grund sind Hinweise auf Verstöße gegen den Digital Services Act (DSA). Bei den Plattformen fehlen u. a. Kontaktstellen und die Wege zum Melden rechtswidriger Inhalte.
Immer wieder werden intime Bilder ohne Zustimmung der auf ihnen abgebildeten Personen ins Netz gestellt. Die Gründe sind vielfältig: iCloud-Leaks, sogenannter. „Revenge Porn“ oder bildbasiertes Doxxing, also das Zusammentragen und nicht-einvernehmliche Veröffentlichen von Bildmaterial. Doch die Entfernung der Inhalte ist für Betroffene oft schwer – manchmal unmöglich. Oft findet sich auf den Plattformen keine Möglichkeit, diese zu melden oder überhaupt per E-Mail oder telefonisch Kontakt zur Plattform aufzunehmen. So bleiben entsprechende Inhalte oft im Netz, obwohl sie rechtswidrig sind und der Leidensdruck bei Betroffenen hoch ist. Der Digital Services Act (DSA) verpflichtet Plattformen, Wege zur Meldung illegaler Inhalte bereitzustellen und Kontaktstellen für Nutzende und Behörden in Europa zu benennen. Sobald eine Meldung über mutmaßlich rechtswidrige Inhalte bei einer Plattform eingeht, greift der DSA: Die Plattform muss den gemeldeten Inhalt prüfen und bei tatsächlicher Rechtswidrigkeit entfernen. In Deutschland ist die Bundesnetzagentur für die Durchsetzung des DSA zuständig. Über ein Beschwerdeportal können Nutzende Verstöße melden. HateAid fordert, dass Aufsichtsverfahren gegen Plattformen, die diese Pflichten missachten, schnell eingeleitet werden.
Dazu Katharina Goede, Juristin bei HateAid:
„Für Betroffene ist es eine extreme Belastung, wenn intime Bilder ohne ihr Einverständnis auf den Plattformen verbreitet werden. Faktisch bleibt ihnen oft kaum eine Möglichkeit, sich effektiv zu wehren, weil zentrale Schutzmechanismen wie Kontaktstellen oder Meldewege fehlen. Der DSA verpflichtet Plattformen ausdrücklich, solche Strukturen bereitzustellen, damit rechtswidrige Inhalte schnell entfernt werden können. Genau das fordern wir mit unserer Beschwerde ein.“
Das Ökosystem pornografischer Plattformen ist groß und unübersichtlich. Neben etablierten Anbietern, die sich an Regeln und Vorgaben halten, existieren zahlreiche Plattformen, die Tätern anonymes Hochladen von Material ermöglichen – ohne die Möglichkeit die Plattform zu erreichen und auf illegale Inhalte hinzuweisen. Auch File-Sharing-Dienste ermöglichen den anonymen Upload von Bildmaterial ohne Sicherheitsvorkehrungen. Auch wenn sie nicht vorrangig dem Upload sexualisierter Inhalte dienen, werden sie oftmals hierfür genutzt.
Das nicht-einvernehmliche Hochladen sexualisierter Bild- und Videoaufnahmen fällt unter den Begriff Bildbasierte sexualisierte Gewalt (Image-Based Sexual Abuse, kurz IBSA). Die Täter verbreiten Inhalte anonym. Intime Aufnahmen, die ursprünglich für den privaten Gebrauch gedacht waren, gelangen ohne Zustimmung der abgebildeten Personen ins Netz. Einmal online, verbreiten sie sich schnell.
Ein zusätzliches Risiko: nicht-einvernehmliche Deepfakes – KI-generierte, manipulierte Fotos und Videos. Auch sie können unkontrolliert erstellt und reproduziert werden. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass rund 90 bis 95% aller Deepfakes nicht-einvernehmliche Pornografie betreffen, etwa 90 % davon seien gegen Frauen gerichtet.
Die Folgen von bildbasierter sexualisierter Gewalt können verheerend sein. Psychische Symptomatiken reichen von Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen bis zu Ängsten oder depressiven Verstimmungen. Ohne Bearbeitung können daraus psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen oder Posttraumatische Belastungsstörungen resultieren. Umso wichtiger ist es daher, dass Plattformen Meldewege einrichten und Kontaktstellen benennen – wie es der DSA verlangt. Nur so können Betroffene wirksam gegen die Verbreitung vorgehen.
HateAid gGmbH
Die gemeinnützige Organisation HateAid wurde 2018 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Berlin. Sie setzt sich für Menschenrechte im digitalen Raum ein und engagiert sich auf gesellschaftlicher wie politischer Ebene gegen digitale Gewalt und ihre Folgen. HateAid unterstützt Betroffene von digitaler Gewalt konkret durch Beratung und Prozesskostenfinanzierung. Geschäftsführerinnen sind Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon.
HateAid ist Trägerin der Theodor-Heuss-Medaille 2023, des Rothenburger Preises für Erinnerung und Zukunft, des Wertepreises für Demokratie der Werte-Stiftung und des For..Net Awards der Technischen Universität München.
Pressekontakt: presse@hateaid.org, Tel. +49 (0)30 25208837