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Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz

Der vorgelegte Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (im Folgenden NetzDG), Stand 15.01.2020, findet größtenteils unsere Zustimmung. Er lässt erkennen, dass man im BMJV verstanden hat, dass die Rechte der Nutzer*innen stärker in den Blick zu nehmen sind.

Ziel der Überarbeitung des NetzDG sollte unseres Erachtens eine allseitige Akzeptanz aufgrund von Rechtsklarheit und Transparenz sein: sowohl in Politik und Gesellschaft im Allgemeinen als auch bei Plattformbetreiber*innen und Nutzer*innen im Besonderen. Das NetzDG sollte dabei von denen gebilligt werden, die den Wunsch haben, den Hass im Netz zurückzudrängen. Gleichzeitig muss es aber auch bei denjenigen anerkannt werden, die sich überspitzt und in scharfem Ton an den zulässigen Rändern der Meinungsfreiheit äußern wollen.

Neben der Akzeptanz sollte die Steigerung der Effizienz der Regelungen und des Verfahrens ein weiteres maßgebliches Ziel sein. Dazu gehört, dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Strafverfolgung und die Durchsetzbarkeit zivilrechtlicher Ansprüche gewährleistet werden. Dass mehr Inhalte im Netz gelöscht werden, darf Strafverfolgung nicht hindern. Regelungen des NetzDG und deren Umsetzung sollten vielmehr die umgehende Entfernung der Inhalte ermöglichen, die Verfolgung von Hasskriminalität auf strafrechtlichem und zivilrechtlichem Weg aber zugleich erleichtern. Entfernung und Strafverfolgung müssen immer zusammengedacht werden.

Diese Ziele könnten teilweise durch den vorliegenden Referentenentwurf und den “Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität” erreicht werden. Leider werden jedoch beide Ziele – sowohl die Akzeptanz als auch die Effizienz – in einigen wichtigen Punkten verfehlt.

So stoßen diverse angedachte Maßnahmen vor allem in der Zivilgesellschaft auf massiven Widerstand. Zwar ist es absolut notwendig, die Meinungsfreiheit der Internetnutzer*innen zu schützen und zu stärken und den demokratiegefährdenden Komponenten von Digitaler Gewalt entgegenzuwirken. Dies darf aber nur durch eine verhältnismäßige und nicht mehr als erforderliche Einschränkung anderer Grundrechte wie z.B. des Rechts auf Informationelle Selbstbestimmung geschehen.

Wir legen deshalb dringend nahe, den Gesetzgebungsprozess zu entschleunigen und die Zivilgesellschaft “mitzunehmen”. Hier sind Fingerspitzengefühl und eine verbesserte Kommunikation vonnöten. Auch wir können in einigen zentralen Punkten den Zielen der Referentenentwürfe zwar zustimmen; Diskussionsbedarf sehen wir jedoch bezüglich der vorgeschlagenen Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Ziele. Wir würden uns wünschen, dass man sich im Ministerium für derartige Diskussionen noch Zeit nimmt. Es überrascht uns, mit welchem Druck aktuell die Gesetzesvorhaben vorangetrieben werden. Unseres Wissens wird derzeit noch am Evaluationsbericht zum NetzDG gearbeitet. Wir hoffen, dass die Erkenntnisse, die dieser zu Tage befördert, noch in das Gesetz zur Änderung des NetzDG einfließen werden.

Im Übrigen stellen wir fest, dass einige Unwägbarkeiten, Unklarheiten und Regelungslücken durch die beabsichtigten Gesetzesänderungen nicht behoben werden. Dadurch wird die Wirksamkeit der Maßnahmen geschmälert.

Wichtig ist uns dabei vor allem ein Punkt: Die großen zumeist US-amerikanischen Plattformen haben mit ihren sogenannten Community Standards, Algorithmen und hauseigenen Abläufen und Strukturen ein Parallelsystem zu unserem Rechtssystem geschaffen. An nationales Recht sehen sie sich weiterhin kaum gebunden. Das hat zur Folge, dass noch immer der weitaus größte Teil von Inhalten nicht etwa deshalb gelöscht wird, weil sie gegen deutsches Recht verstoßen. Die Content-Entscheidungen erfolgen vielmehr nach den Community Standards. Die Prüfung aufgrund dieser plattforminternen Regelungen wird der Prüfung auf Grundlage des deutschen Rechtes sogar in der Regel vorangestellt. Das bedeutet in der Praxis, dass, wenn Inhalte von Nutzer*innen beanstandet wurden, selbst dann nach den Community Standards geprüft wird, wenn die Meldung nicht über den herkömmlichen Weg, sondern über ein Formular nach dem NetzDG eingegangen ist. Hinzu kommt, dass die Plattformen selbst Inhalte mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) herausfiltern, überprüfen und löschen. Welche Maßstäbe hier angelegt werden, ist der Öffentlichkeit kaum bekannt.

Aus den genannten Gründen ist die Content-Moderation der Plattformen nach wie vor höchst intransparent. Dies begründet die Besorgnis, dass durch das Löschen von rechtswidrigen Inhalten die Verfolgung von Straftaten im Netz erschwert wird. Gleichzeitig ist zu befürchten, dass in anderen Fällen die Meinungsäußerungsfreiheit der Nutzer*innen willkürlich eingeschränkt wird. Genau anders herum sollte es aber sein. Um das sicherzustellen, sollte unseres Erachtens ein Vorrang des NetzDG vor den Gemeinschaftsstandards der Plattformen unmissverständlich im Gesetz artikuliert werden. Eine nachfolgende Prüfung nach Community Standards ist den Social-Media-Plattformen dabei unbenommen. Die Prüfung nach NetzDG – also nach deutschem Recht – sollte aber Priorität haben. Hinzu kommt, dass für Telemedien zwingend das Marktortprinzip eingeführt werden sollte.

Schließlich sind noch einige Regelungslücken verblieben, die das Verhältnis zwischen Nutzer*innen und Plattformen betreffen. Es empfiehlt sich hier, sich am Urheber- und im Datenschutzrecht zu orientieren. Wir befinden uns im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Regulierung. Einige Lösungsansätze, die z.B. im Urheberrecht für die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gefunden wurden, könnten als Blaupause auch für die Rechte der Nutzer*innen Sozialer Medien dienen.

Die gesamte Stellungnahme kann über untenstehenden Button heruntergeladen werden.

Pressekontakt: presse@hateaid.org, Tel. 030 / 252 088 37

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