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In einem spektakulären Prozess wehrt sich die Grünen-Politikerin Renate Künast seit April 2021 gegen Falschzitate & Memes von ihr auf Facebook.

Trotz eines eindeutigen Urteils des Frankfurter Landgerichts zu Gunsten unserer Klientin wurde der Fall zuletzt durch das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. geprüft. Denn Meta war gegen das Urteil vom Landgericht in Berufung gegangen.

Am 25. Januar 2024 bestätigte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main weitgehend das wegweisende Urteil für den Umgang mit digitaler Gewalt in Deutschland. Die Berufung von Meta gegen das Urteil des zuständigen Landgerichts wurde großteils abgelehnt.

Meta muss rechtswidrige Falschzitat-Memes konsequent löschen, ob identisch oder kerngleich. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. bestätigt, dass es nicht Aufgabe der User*innen sein darf, jedes einzelne Meme zu löschen, sondern in den Aufgabenbereich der Plattformen fällt.

Der Prozess

Worum geht es im Grundsatzprozess gegen Facebook?

Konkret geht es um ein Meme, auf dem die Politikerin Renate Künast abgebildet ist. Neben ihrem Bild und ihrem Namen steht ein angebliches Zitat von ihr. Doch diese Worte hat sie so nie gesagt. Ein klassisches Falschzitat, das dazu dienen soll, sie zu attackieren und in der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht zu rücken.

Um die Verbreitung endlich zu stoppen und von Facebook die konsequente Löschung zu erreichen, reichte Renate Künast Mitte 2021 vor dem Landgericht Frankfurt Klage gegen die Social-Media-Plattform ein. Das Ziel war von Anfang an klar: Ein Grundsatzurteil, das allen Betroffenen zugutekommt.

Nach dem positiven Urteil des Landgerichts ging Meta in Berufung. Der Fall wurde anschließend in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a. M. verhandelt. Das OLG gab unserer Klientin vorwiegend Recht und verpflichtete Meta zur Löschung von identischen und kerngleichen Falschzitaten.

Die Bedeutung

Welche Bedeutung hat dieser Prozess für alle Nutzer*innen sozialer Netzwerke?

Alle Reposts eines Falschzitats zu finden und zu melden, ist für Betroffene ein unmögliches Unterfangen.

Aber genau das forderte Facebook bisher von Betroffenen: Sie mussten jedes einzelne geteilte oder erneut hochgeladene Posting selbst suchen, finden und manuell bei der Plattform melden. Das kann zu einer Lebensaufgabe werden.

Und sicher sind Betroffene nie, weil die Falschzitate auch in geschlossenen Gruppen geteilt werden, zu denen sie keinen Zugriff haben. Social-Media-Plattformen wie Facebook verweigerten es bisher, daran mitzuwirken – und ließen es sehenden Auges zu, dass rechtswidrige Inhalte auf ihrer Plattform stehen blieben.

Renate Künast und wir fordern genau diese Mitwirkung von Facebook ein: Wir wollen, dass die Plattform alle geteilten, identischen oder kerngleichen Memes sucht, prüft und gegebenenfalls löscht, wenn es sich zum Beispiel nicht um journalistische Berichterstattung handelt.

Grünen-Politikerin Renate Künast im Gespräch mit HateAid Geschäftsführerin Anna-Lena von Hodenberg.

Renate Künast im Gespräch mit HateAid Geschäftsführerin Anna-Lena von Hodenberg. Foto: HateAid

Auswirkungen von unkontrollierter digitaler Gewalt

Die Verbreitung von Falschzitaten und rechtswidrigen Memes geschieht durch intransparente Algorithmen unfassbar schnell und kann nur schwer aufgehalten werden. Wenn ein solcher Post erst einmal in der Welt ist, braucht es manchmal nur wenige Sekunden, bis er in tausenden von Feeds auftaucht und weiter geteilt wird.

Zwei junge Männer, die gemeinsam auf ein Smartphone schauen.

Nutzer*innen sozialer Netzwerke waren bisher machtlos, wenn sich Falschzitate online schnell und unkontrolliert verbreitet haben. Foto: Pexels/William Fortunato

Und auch außerhalb der digitalen Bubble zeigen sich schnell Konsequenzen für Betroffene, wenn beleidigende, falsche und rechtswidrige Inhalte online bleiben und nicht geahndet werden:

  • Lügen im Internet können Angestellte ihren Job kosten, wenn der Chef auf sie stößt und diese glaubt.
  • Freundschaften können zerbrechen, wenn online falsche Tatsachen behauptet werden und es Betroffenen nicht möglich ist, sie zu löschen.
  • Leben können zerstört werden, wenn der Ruf unwiderruflich beschädigt ist.

Die Studie „#Hass im Netz: Der schleichende Angriff auf unsere Demokratie” des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) aus dem Jahr 2019 legt alarmierende Zahlen zu den Folgen von Hass auf den öffentlichen Diskurs vor. Sie zeigt sehr genau, welche Auswirkungen Hass im Netz auf die Befragten hat:

54

bekennen sich aufgrund digitaler Gewalt seltener zu ihrer politischen Meinung.

74

finden, dass Hass die Vielfalt im Netz gefährdet, weil sie Menschen einschüchtern und verdrängen.

59

haben eine Veränderung dessen beobachtet, was man auch außerhalb des Internets sagen kann und was nicht.

Ein fairer Diskurs auf Augenhöhe ist unmöglich, wenn Hasskommentare und Falschmeldungen ungestraft bleiben. Menschen könnten eingeschüchtert werden, wenn nach ihrer öffentlichen Meinungsäußerung im Internet Lügen über sie verbreitet werden.

Dies führt im schlimmsten Fall dazu, dass sie sich zurückziehen, auch aus Ämtern in Politik, aus der Öffentlichkeit oder dem Ehrenamt.

Um das zu verhindern, führen wir den Grundsatzprozess gegen Facebook. Wir müssen sicherstellen, dass die großen Plattformen ihre Verantwortung übernehmen, und digitale Gewalt löschen. Für die Rechte der Betroffenen. Und um den öffentlichen Diskurs nicht weiter zu gefährden.

Unsere Erfolge in erster Instanz

Das haben wir vor dem Landgericht erreicht

Im April 2022 urteilte das Landgericht Frankfurt in erster Instanz wie folgt:

  • Facebook muss alle identischen Memes, die zum Zeitpunkt des Urteils auf der Plattform vorhanden waren und ein Foto von Renate Künast, ihren Namen sowie das nachweisliche Falschzitat beinhalten, suchen und löschen.
  • Facebook ist auch dazu verpflichtet, alle kerngleichen Memes dieser Art, die zum Zeitpunkt des Urteils auf der Plattform vorhanden waren, zu suchen und zu löschen. Unter kerngleiche Inhalte fallen Memes, die leicht abgewandelt, aber im Kern gleich sind.
  • Da Renate Künasts Persönlichkeitsrechte verletzt wurden, muss Facebook zusätzlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 € zahlen. Das Gericht begründet die Schwere der Persönlichkeitsverletzung auch mit dem Hass, der als Reaktion auf das Meme auf Künast eingeprasselt ist.

Die Richter*innen waren davon überzeugt, dass es dem Konzern sowohl technisch als auch wirtschaftlich zugemutet werden kann, auch ohne konkret vorliegende URL identische, fast identische und ähnliche Memes aufzuspüren und zu löschen.

In Ihrem Urteil wiesen sie darauf hin, dass die Einrichtung sogenannter Upload-Filter hierfür nicht erforderlich sei.

Denn auch menschliche Moderationsentscheidungen könnten verlangt werden. Da Facebook gegen dieses Urteil in Berufung gegangen ist, wurde am Oberlandesgericht weiterverhandelt.

Unsere Erfolge in zweiter Instanz

Das haben wir vor dem Oberlandesgericht erreicht

Im Januar 2024 urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in zweiter Instanz wie folgt:

  • Meta muss auf der Social-Media-Plattform Facebook alle identischen Memes, die sich zum Zeitpunkt des Urteils in erster Instanz auf der Plattform befanden und ein Foto unserer Klientin Renate Künast, ihren Namen sowie das nachweisliche Falschzitat beinhalten, ausfindig machen und konsequent löschen.
  • Ferner ist der Konzern auch dazu verpflichtet, alle kerngleichen Memes dieser Art, die zum Zeitpunkt des Urteils in erster Instanz auf der Plattform vorhanden waren, zu suchen und zu löschen. Unter kerngleiche Inhalte fallen Memes, die leicht abgewandelt, aber im Kern gleich sind.

Unsere Klientin und Klägerin Renate Künast erhält damit auch in zweiter Instanz vorwiegend recht.

Renate Künast gegen Meta - Portrait von Renate Künast mit HateAid-Schild

Foto: HateAid

„Je mehr wir über die Arbeit und Vernetzung von rechtsextremen Strukturen wissen, desto offensichtlicher wird die Verantwortung von Social-Media-Plattformen.

Das Urteil vom OLG Frankfurt setzt mit der Beseitigungspflicht von Meta einen Meilenstein für das Persönlichkeitsrecht. Ich freue mich sehr.“

Renate Künast (Bündnis 90/die Grünen), MdB

Josephine Ballon, Head of Legal bei HateAid

Foto: HateAid

„Mit diesem Urteil bestätigt erstmals eine zweite Instanz, dass Social-Media-Konzerne, das Auffinden verleumderischer Inhalte nicht auf die Betroffenen digitaler Gewalt auslagern können.

Das Gericht setzt so neue Standards für den Schutz Betroffener und verpflichtet die Plattformen mehr zu tun, um unsere Gesellschaft und Demokratie vor systematischer Desinformation durch Verleumdungskampagnen zu schützen.“

Josephine Ballon, Geschäftsführerin bei HateAid

Logo der Alfred Landecker Foundation

Alfred Landecker Foundation

Der Prozess wurde als Teil des Landecker Digital Justice Movement verwirklicht – einer Initiative von HateAid und der Alfred Landecker Foundation. Renate Künast wird von HateAid als Beratungsstelle und Prozesskostenfinanzierer unterstützt.

„Weil Plattformen wichtige Diskursräume eröffnen oder vergiften, tragen sie inzwischen eine erhebliche Verantwortung für das Gelingen und Überleben der Demokratie.

Dieses Urteil ist ein wichtiger Schritt, weil es die Verantwortung anerkennt und die Rechte der Betroffenen von Hass und Gewalt auf den Plattformen ernst nimmt.”

Silke Mülherr, Co-CEO & Head of External Relations der Alfred Landecker Foundation

Silke Muelherr, Co-CEO & Head of External Relations Alfred Landecker Stiftung

Foto: Wolf Lux / Alfred Landecker Foundation

Der Prozess im zeitlichen Verlauf

Das geschah bisher im Facebook-Grundsatzprozess

 
Januar 1, 2015

Das Meme wird gepostet

Das Falschzitat von Renate Künast wird erstmals im Laufe des Jahres 2015* online gepostet, User*innen verbreiten den Post weiter.
* in der Timeline beispielhaft gewähltes Datum, da unklar ist, wann genau der erste Post erschien.

 
Januar 1, 2015
 
Oktober 30, 2019

Löschpflicht für Facebook

Am Gerichtshof der Europäischen Union wird das Glawischnig-Urteil gefällt. Es besagt: Es verstößt nicht gegen EU-Recht, wenn Facebook zur Löschung von rechtswidrigen Kommentaren und zur Löschung von wort- und sinngleichen Hasskommentaren verpflichtet wird. Offen lässt das Gericht viele Fragen zur genauen Ausgestaltung der Löschpflicht, etwa mit Blick auf technische Hilfsmittel und manuelle Prüfpflichten. Das bedeutet: Jetzt müssen nationale Gerichte in Europa entscheiden, ob und in welcher Weise sie die Plattformen zur Löschung von Inhalten verpflichten.

 
Oktober 30, 2019
 
April 23, 2021

Klage gegen Facebook

Am 23. April 2021 reicht Renate Künast mit der Unterstützung von HateAid Klage vor dem Landgericht Frankfurt am Main gegen Facebook ein.

 
April 23, 2021
 
Januar 20, 2022

Mündliche Anhörung

In der Anhörung vor dem Frankfurter Landgericht versuchte Meta erneut, eine Verantwortung für die Löschung massenhaft verbreiteter rechtswidriger
Inhalte auf der Plattform von sich zu weisen. Gemeinsam mit Klägerin Renate Künast fordern wir hingegen,
Betroffene von digitaler Gewalt besser zu schützen und illegale Inhalte proaktiv zu identifizieren und
zu löschen.

 
Januar 20, 2022
 
April 8, 2022

🏆 Das Urteil ist da: Wir haben einen Präzedenzfall geschaffen!

Das Gericht hat entschieden – und uns in allen geforderten Punkten recht gegeben! Facebook steht nun in der Pflicht, alle identischen und kerngleichen Memes von Renate Künast, die zum Zeitpunkt des Urteils auf der Plattform vorhanden sind, zu suchen und zu löschen. Außerdem wird Facebook dazu verpflichtet, ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 € zu zahlen.

 
April 8, 2022
 
Dezember 7, 2023

Berufungsurteil steht aus

Der Großkonzern Meta will sich seiner Verantwortung entziehen und hatte Berufung eingelegt. Laut Meta sei es unzumutbar, die gefälschten Zitate zu identifizieren und zu löschen. Am 7. Dezember 2023 standen wir deshalb für Renate Künast vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a. M. Das Berufungsurteil wird am 25. Januar 2024 erwartet.

 
Dezember 7, 2023
 
Januar 25, 2024

Historisches Urteil für Künast und HateAid

Der Großkonzern Meta Meta muss Hass selbst finden und löschen – ob identisch oder kerngleich. Zu diesem Schluss kam das Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

 
Januar 25, 2024
 

Obwohl auch das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. das Urteil vom Landgericht teilweise bestätigte, gehen wir davon aus, dass Meta Revision einlegen wird.

Für uns ist klar: Wir werden uns auch bei einer Revision weiter für die Rechte aller Internetnutzenden einsetzen. Doch solche Prozesse sind teuer und deshalb brauchen wir wir dich. Unterstütze uns mit einer Spende, damit wir weiterhin Menschenrechte im Netz verteidigen können.

Häufig gestellte Fragen zum Berufungsprozess

Es handelt sich um ein Zivilverfahren, das bereits von einem Gericht entschieden worden ist. Dort war das rechtliche Mittel einer Berufung zugelassen (geregelt durch die Zivilprozessordnung §511 ff.). Das bedeutet, dass die Gegenseite, in diesen Fällen Meta, das erste Urteil nochmal von einem höheren Gericht entscheiden lassen konnte. Deswegen wurde der Fall vor dem Oberlandesgericht verhandelt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Parteien können Revision einlegen.

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