Überblick digitale Erpressung
Mehr Cyberangriffe durch Erpressung
207 Tage waren die bürgernahen Dienstleistungen einer Landkreisverwaltung in Sachsen-Anhalt nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Ein Cyberangriff mit einer Erpressungssoftware war 2021 der Auslöser. Dieser Vorfall zählt als erster digitaler Katastrophenfall Deutschlands. Solche Angriffe sind keine Einzelfälle mehr, die Fälle von digitaler Erpressung steigen. 2022 galt Cyber-Erpressung als eine der größten digitalen Bedrohungen in Deutschland, so ein BSI-Bericht.
Digitale Erpressung ist eine weitverbreitete Cyber-Straftat und kann sowohl große Unternehmen, also auch Privatpersonen treffen. Foto: Scopio / Talent Zukutu
Definition und Strafbarkeit
Was ist Erpressung?
Bei der Erpressung gem. § 253 StGB handelt es sich um eine Straftat, bei der der*die Täter*in die betroffene Person durch Gewalt oder Drohung zu einer bestimmten Handlung nötigt, um sich selbst oder andere rechtswidrig, d. h. zu Unrecht zu bereichern.
Der*die Täter*in zwingt die betroffene Person also dazu, etwas zu tun oder auch zu unterlassen, indem er*sie Gewalt ausübt oder mit einem sogenannten „empfindlichen Übel” droht. Das muss gleichzeitig zu einem Vermögensnachteil bei der betroffenen oder einer anderen Person führen. Der Bezug zur Bereicherung oder zum Vermögen ist der Hauptunterschied zur Straftat Nötigung.
Gut zu wissen: Schon der Versuch einer Erpressung ist strafbar. Das heißt, es ist nicht notwendig, dass der, von dem*der Täter*in gewünschte, Erfolg auch tatsächlich eingetreten ist.
Täter*innen müssen im Falle einer Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen.
Es gibt verschiedene Formen von Erpressung. Sie kann im eigenen Zuhause stattfinden, in der Schule, am Arbeitsplatz oder im Netz.
Viele trauen sich nicht, sich gegen digitale Erpressung zu wehren. Die Täter*innen gehen strategisch vor und schüchtern Betroffene ein. Foto: Scopio / Brit Worgan
Cybercrime: Digitale Erpressung
Welche Formen hat digitale Erpressung?
Digitale Erpressung ist mittlerweile ein weitverbreitetes Phänomen. Cyberkriminelle greifen immer häufiger darauf zurück. Erpressungssoftwares, die, wie oben beschrieben, ganze Unternehmen lahmlegen, vorgetäuschte Cyberangriffe per Mail oder Expartner*innen, die drohen, intime private Fotos oder Informationen zu veröffentlichen, um damit Lösegeld von ihren Opfern zu erpressen – im digitalen Raum ist viel Platz für Kriminalität.
Diese Form der digitalen Gewalt trifft sowohl Einzelpersonen als auch große Unternehmen oder Behörden. Das BSI berichtet, dass gerade die Erpressung gegen umsatzstarke Unternehmen 2022 zugenommen habe. Laut dem Bericht lag die höchste Lösegeldforderung 2021 in Deutschland bei 322.168 US-Dollar. Dabei bedienen sich die Erpressenden verschiedener Methoden:
Unternehmen, Behörden und andere große Institutionen werden bei dieser Methode mit einer Schadsoftware von den Täter*innen angegriffen. Diese Erpressungssoftwares funktionieren so, dass sich die Täter*innen in fremde Computer hacken, auf die Daten der Betroffenen zugreifen und diese dann so verschlüsseln, dass die eigentlichen Inhaber*innen keinen Zugriff mehr haben. Damit haben sie das perfekte Druckmittel, um Lösegeld zu erzwingen.
Die Schadprogramme kommen meistens über Anhänge oder Links per Mail bei den Betroffenen an. Solche Angriffe starten also oft mit einer Phishing-Attacke. Wenn die Betroffenen den Anhang öffnen oder den Link anklicken, installiert sich die Ransomware und der Hacking-Angriff beginnt. Die Täter*innen fordern dann Lösegeld für die Daten.
Auch Privatpersonen sind immer häufiger betroffen. Dabei brauchen die Täter*innen häufig gar keine Schadsoftware. Per Mail oder auf Social-Media-Plattformen werden Betroffene getäuscht und dann erpresst. Täter*innen geben beispielsweise vor, dass sie an sensible Daten der betroffenen Person gelangt seien.
Häufig wird in den Nachrichten auch geschrieben, dass sich die Täter*innen in die Webcams der Betroffenen gehackt hätten oder über andere intime Fotos oder Geheimnisse verfügten. Um die angedrohte Veröffentlichung dieses Materials zu verhindern, soll die betroffene Person einen hohen Betrag, häufig in Kryptowährung, zahlen.
Der Begriff Sextortion kommt aus dem Englischen und setzt sich aus den Worten sex und extortion, also Erpressung, zusammen. Das Bundeskriminalamt warnt explizit vor dieser Form der sexuellen digitalen Gewalt.
Auf Plattformen wie Snapchat und Instagram oder per Mail werden von den Täter*innen zunächst belanglose Gespräche gestartet. Diesen Dialogen folgen Aufforderungen, Nacktaufnahmen an die Täter*innen zu schicken oder sexuelle Handlungen in Video-Calls vorzunehmen. Wenn die Betroffenen auf diese Forderungen eingegangen sind, drohen die Täter*innen im Nachhinein mit der Veröffentlichung oder Verbreitung des Materials. Damit dies nicht geschieht, sollen die Betroffenen zahlen.
Bei einer anderen Variante täuschen Täter*innen nur vor, Nacktaufnahmen oder anderes intimes Material von den Betroffenen zu besitzen. Sie kommunizieren eine glaubhafte Geschichte, wie sie an das Material gekommen seien, und fordern dann einen Geldbetrag, damit es zu keiner Veröffentlichung kommt.
Tipps für Betroffene
Digital erpresst: Was tun?
Wenn du digital erpresst wirst, kannst du dich wehren. Da sie strafbar sein kann, solltest du unbedingt zur Polizei gehen. Anzeigen ist zudem wichtig, weil die Polizei so sensibler für digitale Straftaten und aufmerksamer für die immer neuen Methoden der Erpresser*innen wird. Außerdem schreckst du so Täter*innen oder zukünftige Täter*innen ab.
Folgende Schritte solltest du im Falle einer Erpressung befolgen:
- Gehe nicht auf die Forderungen ein! Häufig steigern sie sich weiter: Oft werden weitere sensible Inhalte, Daten oder Fotos erpresst, die dann ein noch größeres Druckmittel bieten.
- Mache rechtssichere Screenshots.
- Stelle deine personenbezogenen Daten und vor allem Freundeslisten und Follower*innenlisten etc. so schnell wie möglich auf privat. Damit wird die Verbreitung des Erpressungsmaterials unter Freund*innen oder Kolleg*innen erschwert.
- Der Kontakt zu Täter*innen sollte sofort abgebrochen werden bzw. gar nicht erst aufgenommen werden.
- Melde die Accounts der Täter*innen bei den jeweiligen Plattformen.
- Erstatte Strafanzeige. Hast du Sorge, dass du oder eine andere Person durch die Angabe deiner Adresse bei der Anzeige gefährdet werden könnten, gibt es außerdem die Möglichkeit, deine Adresse geheim zu halten. Thematisiere das am besten schon beim Stellen der Anzeige.
- Sprich darüber! Die Erpresser*innen gehen sehr strategisch vor, du hast nichts falsch gemacht und musst dich nicht schämen, falls du betroffen bist. Wende dich an deine Familie, Freund*innen oder Arbeitskolleg*innen. Du kannst auch immer unsere Berater*innen oder andere professionelle Stellen kontaktieren.
- Es ist wichtig, dass du in stressvollen Situationen nicht alleine bist und einen Umgang für dich findest, der dir hilft: Ablenkung, darüber sprechen, Selbstfürsorge, Journalling, Sport usw. können dir helfen.
Hilfe holen
Melde dich bei der Polizei, wenn du erpresst wirst und erstatte Anzeige.
Wenn du von digitaler Erpressung betroffen bist, kannst du dich außerdem an unsere Beratung wenden. Die Berater*innen helfen dir bei allen weiteren Schritten.
Du kannst dich auch bei dem Hilfetelefon, beim sozialpsychiatrischen Dienst oder bei der Telefonseelsorge melden.