#DasIstNichtMeinKrieg: Ein Hashtag aus der Desinformationsmanufaktur
Wie eine Handvoll prorussischer Accounts die Nummer 1 auf Twitter produzierten
Der Hashtag “DasIstNichtMeinKrieg” schaffte es am vergangenen Samstag auf Platz 1 der Trends in Deutschland auf Twitter. Hierfür reichten gerade einmal knapp 7.000 Retweets aus. Zum Vergleich: Platz 2 der Trends kam zur gleichen Zeit bereits auf 13.000 Retweets.
Über das gesamte Wochenende hinweg wurde #DasIstNichtMeinKrieg rund 20.000 mal geteilt. Was wie eine große Zahl klingt, geht in Wirklichkeit zum Großteil auf eine kleine Gruppe an extrem aktiven Accounts zurück. Es zeigt auch: Es braucht nicht viele Accounts und noch nicht einmal die meisten Tweets, um auf Platz 1 der Deutschlandtrends zu landen. So erwecken gezielte Aktionen weniger den Eindruck, dass #DasIstNichtMeinKrieg das ganze Land beschäftige und verzerren so die Debatte. Das hat auch zur Folge, dass der Hashtag sämtlichen Nutzenden als #1–Trend angezeigt wird und ihn somit auch Unbeteiligte aufgreifen. So wird er auch außerhalb der prorussischen Bubble zum Bestandteil der Debatte. Das verleiht ihm umso mehr Reichweite bis in die Mitte der Gesellschaft.
Ein Hashtag verbreitet sich rasend schnell
Das Narrativ dahinter: Der Krieg in der Ukraine, beziehungswiese die Beteiligung daran durch Waffenlieferungen, werde den Deutschen von der Regierung (und somit nicht vom Agressor Putin) aufgezwungen. Man wünsche, dass die verantwortlichen Politiker*innen und Unterstützer*innen dieser Entscheidung selbst an die Front geschickt würden. Hierbei wurde zudem auch versucht, die rasend schnelle Verbreitung des Hashtags auf “enttäuschte” Grünenwähler*innen zurückzuführen, die mit den von der Partei unterstützenden Waffenlieferungen nicht übereinstimmten. Die Accounts teilen aber ansonsten vor allem rechtslastige Inhalte.
Grund hierfür sind diverse in der Regel prorussische agierende Accounts mit großer Reichweite. Diese haben teilweise zum Retweet des Hashtags aufgerufen.
Fake- und Mehrfachaccounts aktiv
Insgesamt sind es lediglich 120 Accounts, die sich bereits zuvor vielfach prorussisch geäußert haben, auf welche insgesamt die Hälfte er Erwähnungen zurückzuführen sind. Das Erstellungsdatum dieser Accounts liegt im Median im März 2019. Dies bedeutet, dass sich auch zahlreiche noch sehr junge Accounts hierunter befinden. Dies kann wiederum darauf hindeuten, dass diese nicht authentisch sind, möglicherweise Fake- oder Mehrfachaccounts darstellen. Einige teilweise erst vor einigen Monaten erstellte Accounts, die selbst nur wenige hundert Follower haben, waren besonders aktiv und retweeteten den Hashtag jeweils rund 130 Mal.
Die offensichtliche Strategie dahinter war, dem Hashtag ohne Rücksicht auf den Kontext zu maximal viel Reichweite zu verhelfen. So teilten diese Accounts beispielsweise selbst pro-ukrainische Inhalte, wenn der Hashtag im Zuge einer kritischen Auseinandersetzung enthalten war. Gleichzeitig verbreiteten diese Accounts den Hashtag vielfach teilweise kommentarlos in den Kommentarspalten von Accounts mit großer Reichweite. Hierzu zählen: MAStrackZi, welt, n_roettgen, NancyFaeser, Bundeskanzler, MelnykAndrij, und MarcoBuschman.
Hashtags vor der Verbreitung immer prüfen
Größere Accounts, welche den Hashtag häufig verbreiteten, haben zuvor ebenfalls bereits prorussische Äußerungen getätigt und bedienen ansonsten häufig auch impfkritische und AfD-freundliche Narrative.
Für uns alle sollte das eine Lehre sein, nicht auf jeden Hashtag ungeprüft aufzuspringen. Andernfalls führt es womöglich dazu, dass du mit gut gemeinten, kritischen Tweets ihre Reichweite verstärkst und so in eine Falle tappst. Verstehe uns hier nicht falsch: Dies bedeutet keinesfalls, dass User*innen keine kritische Debatte führen sollen. Jedoch empfiehlt es sich, hierbei nicht auf eine missbrauchsanfällige Reproduktion des ursprünglichen Hashtags zurückzugreifen, sondern zum Beispiel stattdessen einen neuen, kritischen Hashtag zu bedienen, um genau hierauf aufmerksam zu machen.
Erfahre mehr zum Thema: Report: Desinformation und digitale Gewalt im Ukraine-Krieg und „Fake News“: Was hilft gegen aktuelle Desinformation?.