Dein Körper, deine Privatsphäre: Wie dich das Gesetz vor Missbrauch von Bildern schützt
Stell dir vor, du entdeckst dein Gesicht auf einem fremden, nackten Körper im Internet – und das alles ohne deine Zustimmung. Das ist die Realität, der sich Betroffene von sogenannten Deepfake-Pornos und -Nudes ausgesetzt sehen. Neben diesen gibt es noch weitere Formen von bildbasierter Gewalt wie sogenannte Rachepornos.
Was von den Täter*innen oft als harmloser Spaß oder das Erfüllen geheimer Sexfantasien abgetan wird, kann für die Betroffenen verheerende Folgen haben. Die Macht über das eigene Bild und ihre Privatsphäre gehen verloren.
Es gibt bereits verschiedene Gesetze, technische Lösungsansätze und Anlaufstellen, mit denen du gegen bildbasierte Gewalt vorgehen kannst. Doch Lücken bleiben.
Diese Gesetze schützen dich bei bildbasierter Gewalt
Wer ungewollt Bilder von sich im Internet findet, fühlt sich oft machtlos. Wer hat die Bilder online gestellt? Und wie kriege ich diese wieder gelöscht?
Viele Betroffene denken, es bringe nichts, rechtliche Schritte zu unternehmen. Doch das stimmt so nicht. In Deutschland gibt es bereits einige Gesetze, die bei bildbasierter Gewalt angewendet werden können:
- Einer dieser Paragrafen ist § 201a des Strafgesetzbuches (StGB), der unter anderem die Veröffentlichung von Aufnahmen verbietet, die in besonders geschützten Räumen aufgenommen wurden, wie in der eigenen Wohnung. Er findet somit beispielsweise Anwendung bei sogenannten Rachepornos, kann aber auch bei ungefragten Fotografien oder bei der ungewollten Veröffentlichung deiner Bilder greifen. Um mehr über dieses Gesetz und seine Anwendung zu erfahren, empfehlen wir dir unseren Artikel „Das eigene Bild im Internet“.
- Ein weiterer wichtiger Paragraf ist § 22 des Kunsturhebergesetzes (KUG), der deine Rechte am eigenen Bild sichert. Auch zu diesem Gesetz haben wir in unserem Artikel „Das eigene Bild im Internet“ noch mehr Informationen für dich.
- Ungefragt ein Dickpic oder Vulvapic zu verschicken, ist eine Straftat und wird in § 184 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Die Täter*innen anzeigen kannst du mit unserem Service Dickstinction.
- Hat jemand heimliche Aufnahmen von deinem Intimbereich gemacht oder online gestellt, kann sich diese Person auch nach § 184k StGB strafbar gemacht haben.
Kommende Gesetze und Forderungen
Neben den bereits erwähnten Gesetzen sollen zukünftig noch weitere folgen. Denn die Rechtslage ist bei bildbasierter Gewalt nicht immer eindeutig und teilweise lückenhaft. Das neue Gesetz gegen digitale Gewalt kann in Deutschland ein entscheidender Schritt sein, um Betroffene besser zu schützen. Wir setzen uns im Gesetzgebungsprozess dafür ein, dass die gravierenden Rechtsschutzlücken bei der Erstellung und Verbreitung von mitunter gefälschten Nacktaufnahmen geschlossen werden.
Auf europäischer Ebene ist es der Digital Services Act (DSA), der Online-Plattformen und soziale Medien regulieren soll. Hier setzen wir uns zum Beispiel dafür ein, dass große Porno-Plattformen unter den DSA fallen, sodass sich Meldewege und Erreichbarkeit dieser Konzerne verbessern müssen.
Zudem plant die EU eine Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Eine weitere Chance dafür, die Betroffenen von digitaler Gewalt besser zu schützen.
Du bist nicht allein: hilfreiche Maßnahmen und Tools
Auch wenn sich zukünftige gesetzliche Regulierungen noch hinziehen, gibt es jetzt schon hilfreiche Tools und Anlaufstellen, die du nutzen kannst, wenn du von bildbasierter Gewalt betroffen bist.
11 Tipps, wenn du betroffen bist
Wenn du von bildbasierter Gewalt betroffen bist, suche Unterstützung, schütze deine Privatsphäre und versuche, die Verbreitung der Inhalte einzudämmen, ohne dabei deine psychische Gesundheit zu gefährden. Im Folgenden findest du einige konkrete Maßnahmen:
- Mache dich frei von eventuellen Schuld- und Schamgefühlen: Verstehe, dass du selbst nicht die Schuld für deine Situation trägst. Ganz egal, aus welchen Motiven die Täter*innen die Inhalte veröffentlicht haben, schuldig sind allein sie. Scham und Schuld sind häufige Reaktionen von Betroffenen, da sie als psychischer Schutzmechanismus dienen. Schuld zu empfinden, gaukelt Betroffenen vor, dass sie etwas an dieser Situation hätten ändern können. So fühlen sie sich weniger ohnmächtig. Häufig führen diese Gedanken aber zu einer Verzerrung der Realität und Betroffene gehen sehr destruktiv mit sich selbst um.
- Bleibe informiert und kenne deine Rechte: Sich über gesellschaftliche und gesetzliche Veränderungen auf dem Laufenden zu halten, kann zu mehr Selbstwirksamkeitserleben beitragen. Es kann auch dazu führen, besser mit der Situation umzugehen und sich an die richtigen Stellen wenden zu können.
- Vernetze dich: Suche dir Unterstützung und sprich mit Vertrauenspersonen oder professionellen Hilfestellen über deine Erfahrungen. Bei unserer Beratung findest du unter anderem eine emotionale Erstunterstützung und Hilfe bei weiteren Schritten.
- Nutze radikale Akzeptanz: Akzeptiere, dass es schwer sein kann, alle Inhalte im Internet zu kontrollieren. Denke aber daran, dass persönliche Inhalte in der Masse oft untergehen. Und dass sich die Suche wie die nach der Nadel im Heuhaufen gestalten kann. Das gilt nicht nur für dich als betroffene Person, sondern auch für alle anderen. Mit anderen Worten: Wenn du die Inhalte mit großer Mühe kaum finden kannst, ist es sehr unwahrscheinlich, dass bekannte Personen oder Arbeitgeber*innen die Inhalte zufällig finden.
- Grenze dich ab: Wenn du dich bewusst dazu entscheidest, das Netz zu durchsuchen, um persönliche Inhalte zu finden, setze dir dabei klare Grenzen und überlege dir, wann und wo du dies tun möchtest. Schließe mit dir selbst eine Vereinbarung, diese Suche nicht zu einem lebenslangen Projekt zu machen.
- Kontrolliere keine Kommentare: Versuche, Kommentare und Rückmeldungen zu den Inhalten nicht zu überwachen oder sogar selbst zu kommentieren. Das ist leider nicht zielführend und du vermeidest zusätzlichen Stress.
- Delegiere: Falls möglich, beauftrage eine Person, der du vertraust, die Suche, Sicherung und Meldung von Inhalten für dich zu übernehmen.
- Schütze deine Daten und Privatsphäre: Erhöhe die Privatsphäre-Einstellungen auf deinen sozialen Medien und entferne Kontakte, die du nicht gut kennst.
- Kontaktiere die Websites: Melde die Inhalte auf den Websites, über die sie verbreitet werden, und fordere ihre Entfernung. Muster und weitere Tipps für Anschreiben findest du hier. Für das Anschreiben der Plattformen kannst du auch eine anonyme Mail-Adresse erstellen. Viele Websites haben hierfür Kontaktformulare, die du meist am unteren Ende der Seite unter „Help“, „Contact Us“ oder ähnlichem findest. Alternativ findest du die Kontaktdaten im Impressum/Imprint. Das Kürzel „DMCA” steht für den „Digital Millennium Copyright Act”, ein Gesetz, das das unerlaubte Hochladen von Inhalten ohne Zustimmung der Rechteinhabenden verbietet. In manchen Fällen kannst du bei deiner Meldung einen Verstoß gegen das DMCA als Grund für deine Kontaktaufnahme angeben.
- Entferne Inhalte aus Suchmaschinen: Nutze die Möglichkeit, Suchergebnisse auf gängigen Suchmaschinen entfernen zu lassen. Verwende dafür die entsprechenden Formulare von Google, Yahoo und Bing. Suche immer mehre Variationen mit deinem Namen und dem Zusatz „Porno“ oder „porn“.
- Hinterfrage den Mehrwert deiner Handlungen: Stelle dir die Frage, warum du bestimmte Maßnahmen ergreifst und welchen Effekt sie haben. Welche Absicht steckt dahinter und passt deine Handlung zu deiner Motivation oder dem konkreten Ziel? Und hast du dafür aktuell Kapazitäten? Passe deine Maßnahmen entsprechend an.
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