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Sexistische Gaming-Kultur? Wir sprechen mit … Dr. Benjamin Strobel

„In Spiele, in denen man den Chat nicht deaktivieren kann, traue ich mich nicht rein“ – so klingen viele eurer Erfahrungen, die ihr mit uns in den letzten Tagen unter #IchSpieleNichtMit geteilt habt. Viele Frauen fühlen sich beim Spielen nicht wohl: Sie werden beleidigt, lächerlich gemacht oder mit sexistischen Kommentaren bombardiert. Doch woher kommt diese Feindseligkeit? Wir haben mit Game-Psychologen Dr. Benjamin Strobel gesprochen.

Wer sind Sie und was macht ein Game-Psychologe?

Mein Name ist Benjamin Strobel, ich bin Psychologe und Referent für das Thema Games. 2017 habe ich das Projekt “Behind the Screens” gegründet, um digitale Spiele aus Perspektive der Psychologie zu betrachten.

Mittlerweile arbeiten drei Psycholog*innen im Projekt und vermitteln Wissen über Games und Psychologie in Podcasts und Blogbeiträgen. Dabei geht es auch um Fragen der Gestaltung von Gemeinschaftsräumen in Gaming-Bereichen. Beispielsweise wie gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (z. B. Rassismus und Sexismus) dort entsteht und wie man ihr begegnen kann.

Obwohl 48 % der Gamer*innen Frauen sind, fühlen sich viele von ihnen nicht willkommen. Sexistische Sprüche sind an der Tagesordnung viele Spielerinnen geben ihr Geschlecht schon gar nicht mehr an. Wie können Sie das sexistische Verhalten in der Gaming-Szene aus psychologischer Sicht erklären?

Digitale Spiele wurden in den letzten 30 Jahren hauptsächlich an Jungs vermarktet. Die Industrie hatte im männlichen Publikum die wesentliche Zielgruppe gesehen und so wurden Spiele zu einem großen Teil für Jungs konzipiert.

Bis vor einigen Jahren glaubte man in der Spieleindustrie beispielsweise, dass Games mit weiblichen Hauptfiguren sich schlechter verkaufen würden, obwohl es dafür keine empirischen Anhaltspunkte gab. Inzwischen zeigen viele Gegenbeispiele, dass das wohl nicht der Fall ist.

Jungs und Männern wurde lange Zeit vermittelt, dass sie im Mittelpunkt der Spielkultur stehen und alles nur für sie gemacht ist. Inzwischen sehen sie sich zunehmend damit konfrontiert, dass sie diese Domäne mit anderen teilen müssen, die sich genauso dafür interessieren. Zum Beispiel Mädchen, Frauen und nichtbinäre Menschen. Das kommt subjektiv zunächst einem Verlust gleich. Dieser empfundene Verlust muss sich aber gar nicht mit einem tatsächlichen decken. Insgesamt werden Spieleangebote vielfältiger. Weggefallen ist dabei kaum etwas, hauptsächlich sind neue und diversere Spiele hinzugekommen.

Einige Gamer behaupten, dass Spielerinnen den rauen Umgangston nicht vertragen können. Warum bestehen viele Gamer darauf, dass Beleidigen und Beschimpfen dazu gehört?

Online-Spiele und Communitys sind lange Zeit gar nicht oder nur sehr wenig moderiert worden. Zum Beispiel gibt es in der Regel keine Schiedsrichter*innen, wenn man mit oder gegen andere spielt. Ein rauer Ton und Beleidigungen haben sich über lange Zeit etabliert, das hat zu einer teilweisen Normalisierung dieser Umgangsformen geführt.

Mit mehr Aufmerksamkeit für das Problem haben einige nun das Gefühl, dass sie sich einschränken müssen und Freiheiten verlieren, die ihnen vormals noch zugestanden wurden. Das kann zu einem negativen Gefühl des Autonomieverlustes führen. Das hat auf der einen Seite niemand wirklich gern. Auf der anderen Seite kann man sich empathisch aber vergegenwärtigen, dass man sich deshalb zurücknimmt, damit alle Spaß am gemeinsamen Spiel haben und dass Teammitglieder dann auch besser spielen, wenn sie sich wohlfühlen.

Was kann ich als Gamer*in tun, wenn ich bemerke, dass meine Mitspieler*innen sich sexistisch äußern?

Oft tun Menschen erstmal nichts, wenn sie so etwas wie sexistische Äußerungen mitbekommen, das nennt man in der Psychologie den “Bystander-Effekt”. Das passiert beispielsweise, weil Personen sich
nicht sicher sind, ob sie die Situation richtig einschätzen und sich nicht blamieren wollen, indem sie etwas Falsches tun. Oder weil sie denken, dass schon jemand anderes etwas tun wird.

Wenn man solche Äußerungen bemerkt, kann es helfen, darauf hinzuweisen, dass man das nicht in Ordnung findet und dass man so etwas nicht möchte. So kann man einer Normalisierung dieser Umgangsformen entgegenwirken. Zugleich kann es helfen, sich mit den Betroffenen zu solidarisieren und zu signalisieren, dass man sie unterstützt.

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