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Frau mit Handy in der Hand. Genervte Geste mit der Hand, weil sie eine sexuell belästigende Nachricht erhalten hat.

Dirty Talk auf LinkedIn

Tinder, Bumble, Grindr und LinkedIn haben eigentlich nichts gemeinsam – schließlich geht es auf LinkedIn um die eigene Karriere; nicht darum, sich durch potenzielle Datingpartner*innen zu klicken. Eine Kontaktbestätigung auf LinkedIn bedeutet professionelle Vernetzung, Einblicke in den Lebenslauf und möglicherweise Unterhaltungen über interessante Stellenangebote. Sie ist keine Aufforderung zu einer Nachricht wie: „Hey, hübsch schaust du aus.” Doch das scheinen Täter*innen misszuverstehen. Sie machen aus beruflichen Gesprächen distanzlose Flirtversuche und senden ungefragt ihre Kontaktdaten für ein romantisches Abendessen.

Im Transparenzbericht von LinkedIn wurden allein zwischen Juli und Dezember 2023 mehr als 230.000 Verstöße in der Kategorie „Harassment or abusive” festgestellt. Darunter fallen auch die verschiedenen Formen sexualisierter Gewalt: Dickpics im Postfach, Date-Anfragen, anzügliche Witze. Das zeigt: Die Plattform hat ein massives Problem. Viele Betroffene fühlen sich dort inzwischen nicht mehr wohl.

Belästigung ist die führende Kategorie der digitalen Delikte auf LinkedIn – gefolgt von Falschinformation und gewaltvoll-grafischen Inhalten. Die Plattform selbst unterscheidet zwischen drei unterschiedlichen Arten der Belästigung:

  • Romance Scams, also Täter*innen, die über gefälschte Profile romantische Nachrichten verschicken und schließlich finanziellen Betrug vornehmen.
  • Unangemessene Annäherungsversuche, etwa sexuell konnotierte Nachrichten oder Abfragen des Beziehungsstatus.
  • Gezielte Belästigung, bei der Täter*innen auf LinkedIn ein Gespräch beginnen und schließlich anfangen, Betroffene im analogen Leben zu verfolgen und zu stalken.

Wichtig: In der von LinkedIn herausgegebenen Statistik finden sich nur die Fälle, die von der Plattform gelöscht wurden. Es ist also davon auszugehen, dass die Dunkelziffer noch deutlich höher liegt.

Frau mit Handy in der Hand. Hat belästigende Nachricht bekommen: Hey, ich habe nicht nur professionelles Interesse, sondern auch privates.
Immer wieder erhalten User*innen auf LinkedIn Dating-Anfragen und anzügliche Kommentare per Privatnachricht. Foto: Shutterstock/Prathankarnpap

#ThisIsNotADatingPlatform: Gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt

Wie verbreitet sexualisierte Gewalt auf LinkedIn tatsächlich ist, wird deutlich, wenn man sich durch die zahlreichen Beiträge auf der Plattform mit dem Hashtag #ThisIsNotADatingPlatform wühlt. Initiiert wurde das Hashtag von der Düsseldorfer Recruiterin Celine Melo Cristino. Sie ist seit 2017 auf LinkedIn aktiv, recherchiert passende Kandidat*innen für neu ausgeschriebene Jobs und sucht, so steht es in ihrem Profil, nach digitalen Talenten. Doch auch sie musste schnell die Schattenseiten der Karriereplattform kennenlernen. Immer wieder erhielt sie Nachrichten von Männern, die ihr Aussehen bewerteten oder anzügliche Kommentare machten. Auch Nacktbilder fand sie in ihrem Postfach. Schließlich setzte sie das Hashtag in ihre Profilbeschreibung, um eine klare Grenze zu ziehen – und inspirierte damit zahlreiche weitere Betroffene und Menschen, die sich solidarisierten.

Die Beiträge von Betroffenen zeigen: Viele User*innen nehmen sexualisierte Gewalt auf LinkedIn nicht mehr hin. Sie sprechen öffentlich über ihre Erfahrungen – erzählen von Männern in Toppositionen, die per Nachricht ihren Beziehungsstatus erfragen. Oder von plumpen Anmachen unter neu hochgeladenen Fotos. Und sie ermutigen weitere Betroffene dazu, ebenfalls ihre Stimme zu erheben. So schrieb vor kurzem eine Userin, die im Gesundheitsbereich tätig ist: „Täglich flirten Männer auf LinkedIn mit mir. Das ist NICHT angemessen, denn LinkedIn ist keine Datingplattform.” Angehängt ist ein Screenshot, der den WhatsApp-Chatverlauf mit einem Mann zeigt. Ihre private Nummer fand er in ihrem Profil. LinkedIn und andere Berufsplattformen sind für ihre Datenoffenheit bekannt. „Ich bin Jens von LinkedIn. Wie geht es dir?” schreibt er erst. Keine Antwort. Einen Tag später: „Lust auf Dirty Talk?

Deutliche Worte findet eine andere Userin. Sie schreibt: „LinkedIn ist keine Dating-App. Also verschwinde bitte aus meinen Privatnachrichten, bevor ich dich manuell rauskicken muss.”

Eine Gruppe Frauen sitzt zusammen in einem Büro in einem Kreis. Einige hält ein Smartphone in der Hand. Eine Frau hat ein Mikrofon in der Hand, die anderen schauen sie an.
Keine Lust auf Dirty Talk: Immer mehr LinkedIn-User*innen positionieren sich gegen sexualisierte Gewalt auf der Plattform. Foto: Shutterstock/DC Studio

Deshalb ist es so wichtig, digitale Gewalt zu melden

In einem Blogartikel schreibt eine Mitarbeiterin von LinkedIn, um nachhaltig gegen Belästigung auf der Plattform vorzugehen, sei es wichtig, derartige Fälle zu melden. Doch insbesondere unerwünschte Annäherungsversuche würden nicht ausreichend zur Meldung gebracht werden. Denn: Aus einem Gefühl der Bedrohung heraus neigen viele Nutzende dazu, Täter*innen so schnell wie möglich „wegzublocken”. Damit ist das Problem zwar auf den ersten Blick erledigt. Doch die Plattform wird nicht über das Delikt in Kenntnis gesetzt und kann somit auch nicht gegen Straftaten vorgehen. Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung beim Melden, das haben LinkedIn-Recherchen ergeben, ist die Angst vor Rache und Vergeltung. Betroffene gehen davon aus, dass eine Meldung bei der Plattform nicht ohne Konsequenzen auskommt. Nicht selten verfügen Täter*innen schließlich über ihre persönlichen Daten, inklusive Arbeitgeber*in und Wohnort. LinkedIn verweist deshalb darauf, dass Meldungen niemals an die Täter*innen weitergegeben werden.

So sorgst du für deine Sicherheit auf LinkedIn

Um sicher auf LinkedIn unterwegs zu sein, ist es wichtig, ein paar Vorkehrungen zu treffen. So sorgst du dafür, dass dein Profil möglichst gut geschützt ist, und verhinderst womöglich künftige digitale Gewalt gegen dich. Hier haben wir einige Tipps und Tricks für ein sicheres LinkedIn-Profil gesammelt.

Vergiss nie: Du trägst keine Schuld, wenn du von Belästigung und anderen Formen sexualisierter Gewalt betroffen bist. Die Verantwortung dafür liegt bei den Täter*innen – und bei Plattformen, die nach wie vor zu häufig wegschauen. Die Initiative OurJobToBeDone setzt sich spezifisch für Betroffene digitaler Gewalt im beruflichen Kontext ein. Dort findest du viele Tipps und Beratung. Außerdem kannst du digitale Gewalt auf Berufsplattformen immer bei unseren Berater*innen oder über unser Meldeformular melden.

So oder so gilt: LinkedIn bleibt eine professionelle Karriereplattform. Bis das alle Täter*innen verstanden haben, lautet das Stichwort: Melden, sich gegen digitale Gewalt wehren und, wenn du dich damit sicher fühlst, öffentlich über deine Erfahrungen sprechen. Eine solidarische Community dafür gibt es bereits: #ThisIsNotADatingPlatform.

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Titelbild: Shutterstock/Fizkes

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