3 Fragen an Renate Künast zum Facebook-Grundsatzprozess
Renate Künast wird immer und immer wieder von Hater*innen im Netz angegriffen, beleidigt und verleumdet. Einer der Auslöser dafür ist ein Falschzitat von ihr, das quer über die Social-Media-Plattform hinweg geteilt wurde. Weil sie dessen Verbreitung einfach nicht mehr stoppen konnte und dabei keine Unterstützung von der Plattform selbst erhielt, reagierte sie. Mit einer Klage gegen Facebook.
Denn der Konzern trägt durch seine internen Mechanismen und Algorithmen dazu bei, dass Betroffene wie Renate Künast solche Posts nur mit größtem Aufwand aufspüren und löschen lassen können. Facebook trägt die Verantwortung für die Sicherheit seiner User*innen und muss sie vor Angriffen, Hass und Gewalt schützen. Kritische Posts müssen eingehend geprüft, bewertet und wenn nötig gelöscht werden. Eine eigentlich selbstverständliche Pflicht für einen so großen Konzern wie Meta – doch genau das ist momentan noch strittig. Am Landgericht Frankfurt wird darüber seit April 2021 verhandelt.
Die aktuelle Situation
Bei der mündlichen Verhandlung am 20.01.2022 stellten die Richter*innen am Frankfurter Landgericht fest, dass Facebook nicht alle Inhalte auf der Plattform überwachen muss. Aber der Konzern muss Hinweisen nachgehen, die auf illegale Inhalte im Rahmen des „technisch und wirtschaftlich Zumutbaren“ liegen. Der Meta-Konzern versuchte abermals, die Verantwortung für die Löschung rechtswidriger Inhalte, die zigfach auf der Plattform verbreitet werden, von sich zu weisen. Alle Details dazu findest du in unserer Pressemitteilung.
Wir haben direkt nach der Verhandlung mit Renate Künast gesprochen:
Wie geht es heute für Sie nach der mündlichen Verhandlung weiter?
Renate Künast: Ich werde mit Interesse weiter verfolgen, wie sich das Verfahren beim Europäischen Parlament auf der EU-Ebene zum Digital Services Act weiterentwickelt. Denn der nächste Schritt ist, dass wir für den europäischen Binnenmarkt Regeln bekommen. Ich hoffe an anderer Stelle sehr, und das wird auch meine Aufgabe sein, dass die Bundesregierung möglichst weitgehende, gute Regelungen vertritt, wenn es um den Trilog zwischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat geht.
An wen denken Sie, wenn Sie sich vor Gericht gegen Facebook wehren?
Renate Künast: Diese Verfahren mache ich ja nicht für mich allein. Natürlich, mich stört es, mich behindert es, mich belastet es. Aber ich möchte, dass es eine Grundsatzentscheidung gibt. Und dass den Geschäftsmodellen, wie sie jetzt sind, nämlich dass sie sich nicht um die Rechte anderer kümmern, ein Ende gesetzt wird. Insofern ist es nicht Künast gegen Facebook, sondern Wir alle gegen Facebook.
Der Prozess ist Teil des Landecker Digital Justice Movement – einer Initiative von HateAid und der Alfred Landecker Foundation. Renate Künast wird von HateAid als Beratungsstelle und Prozesskostenfinanzierer unterstützt.
Was würden Sie Betroffenen raten, die in einer ähnlichen Situation wie Sie sind, mit Hasskommentaren, Drohungen oder Falschzitaten zu kämpfen haben?
Renate Künast: Der erste Punkt: Ich zieh’s mir nicht selber an, sondern rede mit anderen darüber, was ich tun kann. Weil man dann auch die Struktur, das Orchestrierte dahinter ansprechen kann. Und dann: sich Beratung holen, zum Beispiel bei HateAid. Wie gehe ich dagegen vor? Wie schütze ich mich? Welche Anzeigen mache ich? Welche Anträge stelle ich? Aber der allerwichtigste Punkt ist: Es ist nicht nur mein Problem, sondern ich spreche mit anderen darüber.
Renate Künast: Dann haben wir europäisches Recht, einen Digital Services Act, der allen Mitgliedsstaaten vorschreibt, welche Mindeststandards einzuhalten sind. Wir haben eine klare Regelung, dass falsche Zitate da nicht mehr stehen dürfen. Dass das Personal da sein muss, um Hate Speech zu entfernen. Und wir haben meines Erachtens auch Schutzvorschriften für Kinder und Regelungen in Sachen Werbung und Transparenz. Also endlich, und da könnte Europa Leader sein, bei dem Wandel in diesen Netzwerken: Wir haben einen Rechtsrahmen, der die Rechte der User schützt.
Erfahre mehr zur Facebook-Klage
Im Facebook-Grundsatzprozess soll sich entscheiden, wie die Plattform mit Hasskommentaren umgehen muss. Nach dem Urteil vom Landgericht hat Meta Berufung eingelegt. Deshalb stehen wir für Frau Künast am 07. Dezember 2023 vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a. M.
Die Grünen-Politikerin Renate Künast kämpft für alle Betroffenen von digitaler Gewalt und geht hierfür, wenn nötig, durch alle Instanzen. Wir erklären euch alles Wichtige zum Prozess und halten euch auf dem Laufenden zu neuen Entwicklungen.