
Sextortion: Erpresst mit Nacktaufnahmen
Was als harmloser Flirt auf einer Dating-Plattform oder bei Instagram beginnt, endet für einige in einem Albtraum: Sextortion – die Erpressung mit Nacktaufnahmen – betrifft immer mehr Menschen, wie unsere Beratung beobachtet.
Besonders perfide: Die Täter*innen nutzen gezielt Schamgefühle aus, sodass viele Betroffene aus Angst zahlen – und die Kriminellen ungestraft davonkommen. Doch wer erpresst wird, trägt keine Schuld. Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass Täter*innen zur Rechenschaft gezogen werden und Betroffene die Unterstützung erhalten, die sie brauchen.
Sextortion: Was ist das?
Der Begriff „Sextortion” vereint die englischen Wörter „sex” und „extortion” („Sex” und „Erpressung”). Bei der sexuellen Erpressung bauen Täter*innen über Social-Media- oder Dating-Plattformen Vertrauensverhältnisse zu den Betroffenen auf.
In den Chats überreden sie diese, ihnen Nacktbilder zu schicken oder in Videocalls sexuelle Handlungen zu vollziehen. Davon machen sie Screenshots und drohen, die Bilder an die Kontakte oder die Follower*innenliste zu schicken, wenn die Betroffenen kein Lösegeld zahlen.
Bei einer anderen Variante täuschen die Täter*innen in willkürlich verschickten Erpressungsnachrichten per E-Mail oder DM lediglich vor, Nacktbilder der Betroffenen zu besitzen. Auch mit Deepfakes gelingt es ihnen, Geld zu erpressen – ganz ohne echtes Bildmaterial.
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass diese neue Betrugsmasche weltweit bereits Erpressungssummen in Milliardenhöhe eingebracht hat. Expert*innen gehen von einer hohen Dunkelziffer aus und Interpol spricht von einer globalen Krise. Gerade während der Pandemie habe sich weltweit eine Betrugsindustrie entwickelt, die im großen Stil Sextortion betreibt. Das Bundeskriminalamt warnt inzwischen eindringlich vor dieser Form der sexualisierten digitalen Gewalt.

Sexuelle Erpressung: Es kann alle treffen
Täter*innen von Sextortion nutzen gekonnt das Vertrauen von Menschen aus, um sie in eine Falle zu locken. Scham und Schuldgefühle sind dabei die Schlüssel zu den Bankkonten der Betroffenen.
Sexualisierte Gewalt ist nach wie vor stark stigmatisiert. Die Betroffenen zögern oft, Hilfe zu suchen. Viele haben große Angst, dass ihre Freund*innen oder Kolleg*innen erfahren, dass sie Nacktbilder verschickt haben oder auf einen Betrug hereingefallen sind. Sie sehen keinen Ausweg und zahlen das Geld. Oft erpressen die Täter*innen mehrmals, sodass es nicht bei einer einmaligen Zahlung bleibt. Ein Teufelskreis entsteht: Scham, Zahlung, Scham, Zahlung …
Unsere Berater*innen kennen die Situation der Betroffenen nur zu gut. Seit ungefähr zwei Jahren beobachten sie einen Anstieg der Sextortion-Fälle. Besonders häufig sind Männer das Ziel.
Betroffene müssen dabei unterstützt werden, die Angst zu verlieren, ihren Selbstwert zurückzugewinnen und sich gegen die Erpressung zu wehren. Unsere Berater*innen machen in den Gesprächen mit den Betroffenen deutlich:
Es ist nicht deine Schuld: Dein Verhalten ist normal und zeigt Vertrauen in andere Menschen. Die Verantwortung liegt allein bei den Tatpersonen.
Kriminelle Betrugsmasche mit System: Du wurdest nicht persönlich angegriffen. Den Täter*innen geht es um das Geld, nicht darum, genau dich zu schädigen. Es ist eine kriminelle Tat, gegen die du dich wehren kannst.
Sprich über die Situation: Hole dir dafür Unterstützung von Personen deines Vertrauens oder einer spezialisierten Beratungsstelle, zum Beispiel bei uns. Du brauchst keine Angst zu haben.

Unsere Beratungstipps gegen Sextortion
So wehrst du dich gegen die Täter*innen:
- Zahle nicht: Geh nicht auf die Forderungen ein. Häufig steigern sie sich. Oft werden weitere sensible Inhalte, Daten oder Fotos erpresst, die dann ein noch größeres Druckmittel bieten.
- Sichere Beweise: Erstelle rechtssichere Screenshots der Nachrichten oder Bilder.
- Schütze deine Daten: Stelle deine personenbezogenen Daten und vor allem Freund*innenlisten und Follower*innenlisten so schnell wie möglich auf privat.
- Abbruch des Kontakts: Der Kontakt zu Täter*innen sollte sofort abgebrochen bzw. gar nicht erst aufgenommen werden.
- Melde die Accounts: Informiere die jeweilige Plattform über die Täter*innen-Accounts.
- Erstatte Strafanzeige: Wenn du deine Adresse bei der Anzeige nicht angeben möchtet, kannst du dies mit der Polizei besprechen. Du kannst zur nächsten Polizeistation gehen oder die Tat über die Onlinewache anzeigen.
So schützt du dich vor Sextortion:
- Nimm keine Freundschaftsanfragen von unbekannten Personen an. Blockiere oder ignoriere Nachrichten, die zu Sextortion führen könnten.
- Mache dir bewusst, dass Videochats immer abgefilmt oder davon Screenshots erstellt werden können.
- Sprich in deinem Umfeld über Sextortion, kläre über Gefahren auf.
- Checke deine Privatsphäre-Einstellungen auf deinen Social-Media-Konten.
- Sei sparsam mit persönlichen Daten.
- Veröffentliche Inhalte mit Bedacht und sei dir bewusst, dass diese gegebenenfalls gegen dich verwendet werden können.
Wenn du von Sextortion betroffen bist oder sexuelle Erpressung mitbekommst, kannst du dich jederzeit an unsere Berater*innen wenden. Sie behandeln jeden Fall vertrauensvoll und achten auf deine individuellen Bedürfnisse.
Titelbild: Shutterstock/GCapture