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Portrait-Kollage von Nani Jansen, Emilia Roig und Nava Zarabian. Links oben mit Schriftzug "Antirassistische Arbeit online"

Das Netz als Chance: Antirassistische Arbeit online 

Rassismus ist sowohl analog als auch digital alltäglich. Genauso wie die antirassistische Arbeit vieler Menschen: Emilia Roig, Nani Jansen Reventlow und Nava Zarabian sind drei von ihnen und haben uns erzählt, wie sie mit digitalem Rassismus umgehen und welche Chancen der digitale Raum für die antirassistische Arbeit bietet.

Hörbar werden: Das Internet als Chance

Als Politologin und Aktivistin kennt Emilia Roig viele Räume für antirassistische Arbeit. Im Internet sieht sie vor allem eine Chance: „Stimmen und Perspektiven, die in den gängigen Medien unsichtbar gemacht wurden, finden im digitalen Raum Gehör und Sichtbarkeit. Die Algorithmen passen sich teilweise schon der Nachfrage an. Mehr und mehr Nutzer*innen wollen solche Inhalte online finden.”

Vorbilder*innen im Netz: Portrait von Emilia Roig. Copyright: Mohamed Badarr
Emilia Roig findet, dass der digitale Raum hilft, Menschen sichtbar zu machen, die sonst nicht gehört werden. Foto: Mohamed Badarne

Die Menschenrechtsanwältin Nani Jansen Reventlow sieht das ähnlich und betont die digitale Vernetzung von Aktivist*innen und Unterstützenden im Netz: „Richtig eingesetzt, ist der digitale Raum eine der einfachsten Möglichkeiten, die wir heutzutage haben, um unseren Horizont zu erweitern und internationale Solidarität aufzubauen.”  

Nava Zarabian, Journalistin und politische Bildnerin
In ihrer antirassistischen Bildungsarbeit weiß Nava Zarabian, das Internet zu nutzen. Foto: BSAF Portrait

Nava Zarabian ist politische Bildnerin und erklärt, wie wichtig es ist, sich die eigene Verantwortung bei der Nutzung digitaler Medien bewusst zu machen. Auch für Nava bieten soziale Medien die Möglichkeit, Stimmen laut werden zu lassen, die sonst nicht gehört werden. Und damit unsere Welt zu verändern: „Ob Rechtsruck oder Iran-Revolution: Es wird deutlich: In Zeiten von Social Media kann Aufmerksamkeit von großer Bedeutung sein. Damit kann Druck auf die Politik ausgeübt werden. Das rettet im Zweifelsfall Leben.”

Vereint: Auf der Straße und im Netz

Dass analoge und digitale Phänomene nicht getrennt werden können, sehen alle drei Aktivistinnen. Was online geschieht, zeigt die Werte und Strukturen, die in analogen Räumen bestehen. Genauso hat das digitale Verhalten Auswirkungen auf das analoge Leben. Das gilt auch für den Aktivismus: „Online-Aktivismus kann helfen, den Druck zu erhöhen, aber Aktivismus darf nicht ausschließlich online stattfinden,” unterstreicht Emilia. Die aktivistische Arbeit online, so Nava, kann noch mehr Menschen erreichen und „sie dort abholen, wo sie sich sowieso schon bewegen, am besten nahbar und motivierend.” 

Foto von Nani Jansen Reventlow
Nani Jansen Reventlow setzt sich analog und digital für Menschenrechte und gegen Rassismus ein. Foto: Soho House / Thomas Chéné

Von Weitergehen bis Offensive: Was tun gegen Rassismus im Netz

Es gibt verschiedene Strategien, mit Rassismus umzugehen – das gilt auch für den digitalen Raum. Jede Person muss da ihren eigenen Weg finden, mit dem sie sich wohl fühlt.   

Unsere Beratung unterstützt dich gerne dabei, einen Umgang mit digitaler Gewalt zu finden. 

Für Nani heißt es, durchatmen und weitergehen. Sie hält es mit Toni Morrison: „Die Funktion, die sehr ernste Funktion von Rassismus ist Ablenkung. Er hält dich davon ab, deine Arbeit zu tun.“ Für Nani gilt das „auch für Online-Rassismus, Frauenfeindlichkeit und andere Formen des Hasses. Jede Energie, die man darauf verwendet, ist eine Ablenkung. Und ich habe Wichtigeres zu tun, als die Trolle zu füttern.” Auch Emilia wählt den Weg, Hater*innen zu ignorieren

Nava geht stärker in die Offensive bei rassistischen Kommentaren und Nachrichten: „Ich versuche es immer mit Melden, ob über den Dienst oder über Meldeplattformen. Mit meinen eigenen Profilen handhabe ich es sehr simpel: Wer beleidigt oder diskriminiert, wird blockiert. Jemand sagte mir mal ‚Dein Profil ist wie dein Wohnzimmer, du sollst dich wohlfühlen.’” Aber sie fügt auch hinzu, dass es immer darauf ankommt, wie es ihr gerade geht und in welcher Intensität sie dieser Hass trifft.  

Außerdem, so Nava, erfahren Menschen rassistische digitale Gewalt nicht nur über ihre eigenen Profile. „Du darfst nicht unterschätzen, dass du Rassismus und anderen Diskriminierungsformen auch in einer „mitlesenden“ Position mitbekommst. Auch davon kannst du betroffen sein. An manchen Tagen meide ich ganz bewusst Kommentarspalten, an anderen melde ich und versuche es mit Gegenrede. Wichtig ist, auf sich selbst zu achten und immer wieder zu reflektieren: Wie viel kann ich leisten?” 

Schwarze Person liegt auf dem Boden und hält Handy vor das Gesicht.
Mit Rassismus im Internet umzugehen kann schwierig sein, aber es gibt hilfreiche Wege. Foto: Ebuka Mordi

Füreinander da sein: Digitale Community

So viel (rassistische) Anfeindungen es im Netz auch gibt, die drei erzählen alle von der starken digitalen Community. Emilia hat bei jedem Shitstorm und jeder Hasswelle viel Solidarität und Unterstützung erfahren, was sie unglaublich unterstützte.  

Nava sieht das ähnlich: „Digitale Räume können empowernd wirken, wo jemand vielleicht schon lange auf der Suche nach Menschen ist, die dasselbe mögen oder dieselben Werte vertreten. Es gibt Menschen, die habe ich noch nie persönlich getroffen, aber sie haben mir über soziale Netzwerke ein Gefühl von Zusammenhalt gegeben, mich verteidigt oder einfach mal gefragt, wie es mir geht.”  

Nani erzählt davon, wie sie 2022 bei einem europaweiten Austausch von Aktivist*innen sehen konnte, wie wichtig diese Vernetzung für die Zusammenarbeit gegen Unterdrückungssysteme ist. Sie schließt aus diesem Erlebnis: „Der digitale Raum kann den Aufbau von Gemeinschaften unterstützen, auch über verschiedene Bewegungen hinweg.” 

Gemeinsam für ein rassismusfreies Netz

Auch wenn dir der digitale Raum manchmal so vorkommt, als gäbe es nur Hass und Gewalt: Vergiss nicht, dass er auch Chancen der Vernetzung, der Aufklärung und des Zusammenhalts bietet. Nava erlebt es beispielsweise in ihrer Arbeit als politische Bildnerin: „Nicht nur, aber besonders junge Menschen bekommen Informationen, Erfahrungsberichte und Diskussionen im Netz mit und möchten darüber sprechen.” Viele tolle Creator*innen, so Nava, unterstützen mit ihren Inhalten die antirassistische Arbeit, die sie beispielsweise dann in Workshops analog weiterführt. Emilia erlebt bei ihrer antirassistischen Arbeit online vor allem „eine Community, wo Solidarität, Unterstützung und Wertschätzung gelebt werden.” 

In der digitalen Community wird antirassistische Arbeit, die vor Ort stattfindet, fortgeführt. Foto: Felix Schmitt

Für viele Aktivist*innen und Organisationen sind digitale Medien also ein wichtiges Instrument, um ihre Inhalte gegen Rassismus und Diskriminierung mit verschiedensten Menschen zu teilen. Es sind Orte des Austauschs und des Zusammenhalts.  

Trotzdem sollte rassistische digitale Gewalt nicht unterschätzt werden. Es kann sehr schwer sein, sich gegen Hasskommentare zu wehren. Deswegen ist zum Beispiel die gegenseitige Unterstützung sehr wichtig. Egal, ob du Rassismus im Netz meldest, Gegenrede betreibst oder Betroffene unterstützt, Nava hat noch einen wichtigen Punkt: „Achte auf deine eigene mentale Gesundheit und achte auf andere Menschen, die sich im Netz bewegen und vor allem: Lass dir und deiner Community den Raum nicht nehmen.

Titelbild: Soho House / Thomas Chéné, BSAF-Portrait, Mohamed Badarne

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