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Antisemitismus im Internet - Foto von einer Person mit Kippa

Antisemitismus im Internet: Das kannst du dagegen tun 

Sechs Wochen auf Facebook, Instagram, Twitter, YouTube und TikTok: 714 antisemitische Hasspostings mit über 7,3 Millionen Impressionen (CCDH 2022). Jeder dritte Angriff auf Jüd*innen ereignet sich im Internet, zeigt der RIAS-Bericht 2022. Nur 16 Prozent der vom Center for Countering Digital Hate gemeldeten Hasspostings wurden von den Plattformen bearbeitet. Die Zahlen sprechen für sich: Antisemitismus ist im Internet weitverbreitet. Und die digitalen Plattformen tun viel zu wenig dagegen. 

Was genau ist Antisemitismus? 

Der Begriff Antisemitismus wird sowohl in der Politik, in der Forschung als auch im Alltag unterschiedlich definiert. In den meisten Fällen zielt er auf die Feindseligkeit gegenüber Menschen jüdischen Glaubens ab. Der unabhängige Expert*innenkreis zum Antisemitismus-Lagebericht der Bundesregierung definiert ihn konkreter als:

Sammelbezeichnung für alle Einstellungen und Verhaltensweisen, die den als Juden wahrgenommenen Einzelpersonen, Gruppen oder Institutionen aufgrund dieser Zugehörigkeit negative Eigenschaften unterstellen.” 

Unabhängiger Expert*innenkreis der Bundesregierung

Antisemitismus meint dabei nicht nur eine Einstellung oder Haltung, sondern eine Ideologie, eine umfassende Weltanschauung, die seit Jahrtausenden Hass und Gewalt gegen Jüd*innen schürt und legitimiert. Das trifft Jüd*innen direkt, bedroht jedoch auch unsere Demokratie und uns als ganze Gesellschaft. 

Hass gegen Jüd*innen: Eine lange Geschichte 

Die Feindseligkeit gegenüber jüdischen Menschen reicht bis in die Antike. Mit der Abspaltung des Christentums vom Judentum entwickelte sich die ideologische Gewalt gegen den jüdischen Glauben, auch als Antijudaismus oder religiöser Antisemitismus bezeichnet. Das legte den Grundstein für die bis heute wirkende antisemitische Ideologie.  

Um das Christentum als den „wahren” Glauben zu manifestieren und Anhänger*innen zu gewinnen, verfolgten Christ*innen jüdische Menschen nicht nur als Feind*innen, sondern als Gottesmörder*innen. Diese Auffassungen wurden im christlichen Glauben, zum Beispiel im neuen Testament, fest verankert.  

Im Mittelalter verband sich diese Feindseligkeit mit der Gesetzgebung im christlich-abendländischen Europa. Einerseits wurde der jüdische Glaube gesetzlich eingeschränkt, andererseits waren jüdische Menschen von Landbesitz, Ackerbau und anderen Berufen ausgeschlossen. Ihnen blieb der Tier- oder Trödelmarkt oder der Geldhandel. Letzterer war der christlichen Bevölkerung aus Glaubensgründen untersagt.  

Antisemitismus im Internet: Zu sehen ist ein Foto von einer Bibelseite
In der Bibel findet sich an einigen Stellen der religiöse Antisemitismus. Foto: Scopio/Davi Silva

Aus dieser rechtlichen und religiösen Diskriminierung von Jüd*innen entstanden die bis heute anhaltenden Verschwörungsmythen des „jüdischen Finanzkapitals” und der „jüdischen Weltmacht”. Diese Erzählungen sowie die religiöse, soziale und ökonomische Stigmatisierung führten zu schweren Gewalttaten und Pogromen gegen jüdisches Leben bereits Jahrhunderte vor der Shoa

Mit der Entwicklung der sogenannten „Rassentheorie” im 19. Jahrhundert, wurde der Hass auf Jüd*innen nicht mehr nur religiös, sondern auch durch scheinwissenschaftliche Argumente begründet. Diese neuen Formen des Hasses, losgelöst von religiösen Erzählungen und eingebettet in Recht, Politik und Wissenschaft, werden heute als sozialer, politischer oder rassistischer Antisemitismus bezeichnet. Die systematische Entmenschlichung und Zerstörung jüdischen Lebens erreichte mit der Shoa durch den Nationalsozialismus 1939 bis 1945 ihren grausamen historischen Höhepunkt. 

Antisemitismus in Deutschland heute 

Nach der Shoa bildete sich eine weitere ideologische Form der Feindseligkeit gegenüber Jüd*innen: Der sekundäre Antisemitismus. Dabei zielen Antisemit*innen darauf ab, die Shoa und die Verbrechen der Nationalsozialist*innen zu verharmlosen oder zu leugnen. So wollen sie eine vermeintliche nationale Identität Deutschlands retten.  

Eine weitere aktuelle Form ist der antizionistische oder israelbezogene Antisemitismus. Dabei wird dem Staat Israel sowohl das Existenzrecht abgesprochen als auch dessen Innen- und Außenpolitik strikt abgelehnt. Das heißt aber nicht, dass jede Kritik an Israel antisemitisch ist. Aber Inhalte, die Israel zum Beispiel nach den antisemitischen Verschwörungsmythen als „Weltmacht” darstellen, sind es. 

Auch heute noch ist Gewalt gegen das Judentum weitverbreitet. Foto: Scopio/Khalil Gdoura

Wer verbreitet den Hass gegen jüdische Menschen? 

Die Ideologie des Antisemitismus kann also in unterschiedlicher Form auftauchen. Sie ist auch in unterschiedlichen religiösen Strömungen, politischen Lagern und gesellschaftlichen Milieus zu finden. Aber: Antisemitismus bleibt Antisemitismus, egal, wer ihn verbreitet.

Allerdings ist es wichtig zu erwähnen, dass Antisemitismus fester Bestandteil der rechtsextremen Ideologie ist. Der Hass auf jüdische Menschen und der Wunsch nach ihrer Vernichtung leitet Rechtsextremst*innen in ihrer Weltanschauung. Der rechtsextreme Terroranschlag auf eine Synagoge in Halle 2019 zeigt, wie auch heute noch aus antisemitischen Einstellungen schwere Gewalttaten folgen.

Es gibt aber auch rechte Parteien, die ihren Antisemitismus verstecken oder sogar eine Israel und dem Judentum zugewandte Position einnehmen. Diese Strategie findet sich oft in rechtspopulistischen Gruppen, um gesellschaftstauglicher zu wirken. So können sie nämlich auch Wähler*innen für sich gewinnen, die sich nicht als rechtsextrem verstehen. Allerdings tun Rechtspopulist*innen eigentlich nichts zum Schutz vom jüdischen Leben, sondern instrumentalisieren das Thema, um anti-muslimischen Rassismus zu verbreiten. Außerdem sprechen sie mit ihrem Hass gegen Muslim*innen oder andere marginalisierte Gruppen, häufig auch antisemitische Poliker*innen oder Wähler*innen an. Achte also darauf, warum manche Menschen gewisse Positionen einnehmen und ob sie wirklich jüdische Menschen schützen wollen. 

Rechtspopulistische Parteien verschleiern ihren Antisemitismus. So versuchen sie, Wähler*innen für sich zu gewinnen, die sich nicht als rechtsextrem verstehen. Foto: Shutterstock/Victor Velter

Doch auch in islamistischen Bewegungen verhärtet sich der Antisemitismus. Wie im Christentum beinhaltete auch der Islam in seiner Entstehung religiöse antijüdische Narrative. Allerdings verbreitete sich erst durch die Nationalsozialist*innen der europäische Antisemitismus im muslimisch-arabischen Raum. Sie schürten die ideologische Ablehnung des Judentums, um zum einen Muslim*innen gegen einen jüdischen Teilstaat in Palästina aufzuhetzen und zum anderen, um die Shoa und damit die Vernichtung jüdischen Lebens auf den arabischen Raum auszubreiten. Das sorgt heute für eine antisemitische Ablehnung Israels in vielen arabischen Ländern. 

Antisemitismus im Internet 

Diskriminierung und Gewalt erleben Jüd*innen auch im Internet. Zum einen werden im Netz die alten antisemitischen Erzählungen fortgeführt, zum anderen passt sich der Hass auch neuen Entwicklungen an. So verbreiteten Antisemit*innen während der Corona-Pandemie auf digitalen Plattformen, dass Jüd*innen das Virus als Waffe zur Zerstörung der Menschheit erfunden hätten. Über solche Erzählungen radikalisieren sich Menschen zu Antisemit*innen.  

Auch vor der Pandemie hielt sich antisemitische Hasskriminalität im Internet konstant auf hohem Niveau, wie der Lagebericht der Bundesregierung von 2017 belegt. Die European Union Agency For Fundamental Rights zeigte 2018 in einer Studie: 89 Prozent der Studienteilnehmenden haben Antisemitismus im Netz als großes oder sehr großes Problem bewertet. Seit dem 07. Oktober 2023, mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, mehren sich antiisraelische Hasstaten im Internet. Hier ist es wichtig, Antisemitismus zu erkennen, zu benennen und zu ahnden. 

Ein spezifisches Phänomens des Internets sind antisemitische Codes. Diese sind häufig sehr schwer zu erkennen. Wir erklären dir die wichtigsten:

Gesetze gegen Antisemitismus: Auch im Internet 

In Deutschland wurden nach 1945 einige Initiativen und Gesetze entwickelt, um jüdische Menschen zu schützen. Gegen Antisemitismus wirkt zum Beispiel der § 130 Strafgesetzbuch „Volksverhetzung”. Antisemitische Beweggründe für Straftaten gelten zudem als strafschärfendes Merkmal.  

Doch Verschwörungsmythen, antisemitische Israelkritik oder Shoa-Leugnungen und die Verharmlosung der nationalsozialistischen Ideologie werden weiter im Internet von Antisemit*innen verbreitet und normalisiert. Auf digitalen Plattformen wie X (ehemals Twitter) hat ihr Hass ein riesiges Publikum und ihre Taten werden selten verfolgt, obwohl Gesetze und Geschäftsbedingungen das eigentlich versprechen. 

Deswegen haben wir Anfang 2023 gemeinsam mit der European Union auf Jewish Students (EUJS) den Grundsatzprozess gegen X „#TwitterTrial” gestartet: X lässt antisemitische Inhalte auf der eigenen Plattform zu, obwohl sie in den Geschäftsbedingungen versprechen, sich dagegen einzusetzen. Wir sind der Meinung, dass X strafrechtlich relevante Hasspostings gegen Jüd*innen (und generell) ahnden muss. Wenn Jüd*innen aus dem Internet angegriffen und verdrängt werden, dann ist das ein Angriff auf unsere Menschenrechte

#TwitterTrial: EUJS und HateAid verklagen Twitter - Aktion vor dem Bundestag
Im Januar 2023 zogen wir gemeinsam mit der European Union for Jewish Students zum Auftakt des #TwitterTrials vor den Bundestag.

Mit unserem #TwitterTrial wollen wir die Umsetzung von geltendem Recht im Internet stärken. Denn Gesetze gelten auch digital. Antisemitismus kann und muss angezeigt und geahndet werden – egal, ob er auf der Straße oder online geschieht. 

Das kannst du gegen Antisemitismus im Internet tun 

Wenn du persönlich antisemitisch angegriffen wirst, solltest du mit Menschen darüber sprechen. Wende dich an deine Familie oder Freund*innen. Gemeinsam fällt es oft leichter, sich zu wehren. Du kannst dich auch immer an professionelle Stellen wenden: 

  • Bei digitaler Gewalt sind unsere Berater*innen für dich da. 
  • Ofek e.V. ist eine spezialisierte Beratungsstelle, an die du dich jederzeit per Mail, Telefon oder digital wenden kannst. 
  • Bei RIAS kannst du antisemitische Vorfälle melden. 

Auch wenn du nicht persönlich betroffen bist, aber dir Antisemitismus im Internet auffällt, kannst du dich dagegen einsetzen: 

  • Nimm die Situation von Betroffenen ernst, sprich mit ihnen und höre ihnen zu. 
  • Solidarisiere dich mit Betroffenen und unterstütze sie per Privatnachricht, einem Like eines Gegenkommentars oder mit eigener Gegenrede
  • Melde antisemitische Hasspostings auf den Plattformen. Wenn sie nicht reagieren, beschwere dich mithilfe des DSA User Guides
  • Zeige potentiell strafrechtlich relevante Inhalte, wie z. B. Volksverhetzung, bei der Polizei an. Das geht in vielen Bundesländern auch über die Online-Wache
  • Manchmal sind antisemitische Inhalte gar nicht so leicht zu erkennen. Deswegen gilt grundlegend: Bilde dich zum Judentum und zur antisemitischen Ideologie weiter. Zum Beispiel kannst du mit dieser Argumentationshilfe der Bildungsstätte Anne Frank lernen, Antisemitismus zu erkennen und ihm etwas zu entgegnen. 

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