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Person tippt am Handy und daneben erscheint eine Sprechblase mit "...".

Gewaltfreie Kommunikation im Netz

Manche Diskussionen im Netz machen einfach wütend. Meinungsverschiedenheiten werden schnell zu hitzigen Debatten und der Weg zu persönlichen Angriffen oft nicht weit. Bei digitaler Gewalt endet jede Diskussion. Doch bevor es dazu kommt, gibt es in vielen Netzdebatten die Chance für konstruktive Diskussionen. Wie sorgst du dafür, dass andere deine Botschaften besser verstehen und du konstruktive Debatten führen kannst? Eine mögliche Antwort auf diese Fragen liegt in Gewaltfreier Kommunikation und der Kraft der Empathie

Empathie ist die Fähigkeit, sich in die Gefühle anderer hineinzuversetzen und sich vorzustellen, was sie denken und fühlen. Zur Empathie gehört aber auch die Fähigkeit, angemessen zu reagieren. 

Bei der Gewaltfreien Kommunikation geht es darum, sich in die Gefühle und Bedürfnisse des Gegenübers hineinzuversetzen und diese zu respektieren. Anstatt anzugreifen oder zu beleidigen, versuchst du, ein gegenseitiges Verständnis entstehen zu lassen – auch, wenn ihr euch am Ende nicht einig werden solltet. 

Sich in Verfasser*innen von wütenden Kommentaren hineinzuversetzen – das mag für manche befremdlich sein. Doch es lohnt sich für beide Seiten, das Gegenüber nicht als Gegner*in, sondern als Gesprächspartner*in zu verstehen. Dazu hilft bei Netzdebatten bereits, wenn du deutlich machst, dass Hasskommentare  Menschen verletzen können.

Person sitzt wütend und verzweifelt am Sofa und schaut aufs Handy.
Debatten im Internet sind oft alles andere als konstruktiv. Foto: Shutterstock

Empathie hilft gegen Hasskommentare

In einer Studie der ETH Zürich haben Forschende 1.350 rassistische Hass-Tweets entweder mit Humor beantwortet, den Hater*innen die Konsequenzen ihres Handelns klar gemacht oder Kommentare verfasst, die Mitgefühl mit den Betroffenen auslösten. 

Das Ergebnis: Die Empathie-Botschaften erhöhten die Wahrscheinlichkeit, dass Hater*innen ihre Posts löschten und bis zu vier Wochen danach weniger Hassbotschaften verbreiteten. 

Gegenkommentare auf rassistische Posts, wie: „Für Afroamerikaner*innen ist es wirklich verletzend, wenn man so etwas sagt“, erhöhten die Wahrscheinlichkeit um 8,4 Prozentpunkte, dass die Hater*innen solche Hassposts wieder löschten.  

Person sitzt am Schreibtisch vor dem Laptop und guckt wütend auf das Handy.
Es kann helfen, sich zu fragen, welche Gefühle man hat, wenn man einen Kommentar liest. Foto: Shutterstock

Wie du deine Meinung gewaltfrei im Netz teilst: Die Prinzipien der gewaltfreien Kommunikation

Die Studie zeigt: Indem wir uns in andere Menschen hineinversetzen, können wir Konflikte entschärfen und zu einer konstruktiven Kommunikation beitragen. Die Gewaltfreie Kommunikation nutzt das Empathie-Prinzip schon seit den 1960er Jahren. Ursprünglich in der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung entwickelt, hat sie sich inzwischen auch im Kontext von Netzdebatten etabliert.  

Doch wie funktioniert das genau? Wie kannst du deine Meinung sagen und sicher gehen, dass du dabei Menschen nicht ungewollt angreifst und verletzt? Basierend auf vier Prinzipien ermöglicht Gewaltfreie Kommunikation einen respektvollen Meinungsaustausch, einen konstruktiven Umgang mit Konflikten und fördert Verständnis im Miteinander.  

Ein Beispiel: Du liest folgenden Kommentar unter einem Social-Media-Beitrag zum Thema globale Erwärmung:  

„Was für ein Unsinn! Der Klimawandel ist nicht menschengemacht. Es gab schon immer warme und kalte Phasen.“  

1. Prinzip: Situation beobachten

In Diskussionen ist es hilfreich, Fakten und Beobachtungen so neutral wie möglich zu betrachten – ohne Wertungen oder Interpretationen. Durch diese Präzision kannst du Missverständnisse vermeiden und ein gemeinsames Verständnis über das Thema schaffen. 

➡ Ich beobachte, dass jemand falsche Informationen über den Klimawandel verbreitet.  

2. Prinzip: Gefühle erkennen

Diese Beobachtung löst wahrscheinlich ein Gefühl in dir aus. Hör in dich hinein und mach dir bewusst, welches Gefühl das ist. Denn oft sind wir uns gar nicht bewusst, was Aussagen in uns auslösen: Wenn dich ein Kommentar wütend oder traurig macht, reagierst du sicher anders, als wenn er Freude in dir auslöst. Die Gefühle sind aber völlig unabhängig vom Inhalt. Dieselbe Aussage kann bei jede*r Person andere Gefühle auslösen.  

➡ Diese Aussage macht mich total wütend.  

3. Prinzip: Bedürfnisse entdecken

Hinter jedem Gefühl steht ein erfülltes oder unerfülltes Bedürfnis. Im Gegensatz zu den sehr individuellen Gefühlen haben alle Menschen die selben Bedürfnisse. Zum Beispiel hat jeder Mensch die Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Zugehörigkeit und Freiheit. Ein Blick auf die eigenen Bedürfnisse und die des Gegenübers sind daher sehr hilfreich, eine Diskussion konstruktiv zu gestalten. Wenn du dir deiner eigenen Bedürfnisse bewusst bist und die Bedürfnisse der anderen anerkennst, könnt ihr gemeinsame Lösungen finden, die für alle Beteiligten zufriedenstellend sind. 

➡ Ich habe ein starkes Bedürfnis nach Wahrheit. 

4. Prinzip: Bedürfnisse entdecken 

Befehle erhalten wohl nur die Wenigsten gerne. Deshalb werden mit der Gewaltfreien Kommunikation keine Forderungen, sondern Bitten an das Gegenüber gestellt. Das hilft dabei, einen respektvollen Austausch zu wahren und erweist sich so als das effektivere Mittel, um anderen zu vermitteln, was du brauchst: 

„Ich würde gerne wissen, woher du diese Information hast. Ich habe hier eine Reihe an Studien, die das Gegenteil beweisen – kannst du deine Quelle bitte mit mir teilen?“ 

Person sitzt auf einer Bank mit dem Laptop auf dem Schoß und textet lächelnd am Handy.
Auch wenn man am Ende nicht unbedingt einer Meinung ist, kann Gewaltfreie Kommunikation bei Diskussionen im Netz helfen. Foto: Shutterstock

Merke: Es kann ausreichend sein, dem Gegenüber deine Beobachtung und deine Bitte mitzuteilen. Du kannst natürlich auch deine Gefühle und Bedürfnisse mitteilen, um dich verständlich zu machen. Wichtig ist aber vor allem, dass du dir deiner Gefühle und Bedürfnisse bewusst wirst, um eine gewaltfreie Bitte aussprechen zu können. 

3 Tipps bei hitzigen Debatten im Netz

Sachlich bleiben

Auch wenn es unfair wird – bleib beim Thema und werde nicht persönlich. Vermeide Verallgemeinerungen oder Bewertungen des Gegenübers.  

Bitten formulieren

Zum Beispiel so: “Vielleicht werden wir uns nicht mehr einig, aber ich würde mich freuen, wenn wir hier auf Augenhöhe weiterdiskutieren.” 

Grenzen setzen

Mach klar, dass bei Beleidigung und anderer digitaler Gewalt das Gespräch endet. 

Don’t feed the troll

Doch was ist, wenn die anderen Kommentator*innen nicht konstruktiv reagieren? Wenn du gewaltfrei sprichst, heißt das schließlich nicht automatisch, dass alle anderen es auch tun. 

Wenn du merkst, dass der*die Kommentator*in nicht auf deine Argumente eingeht, vom Thema ablenkt oder beginnt, dich persönlich anzugreifen, dann überlege, ob du wirklich weiterdiskutieren möchtest. Oft geht es hier nicht um einen Meinungsaustausch, sondern darum, den*die andere*n auf die Palme zu bringen. 

Bei digitaler Gewalt hört das Gespräch auf

Wenn du in den Diskussionen Straftaten beobachtest oder erlebst, hört die Diskussion auf. Digitale Gewalt darf niemals Teil einer Debatte werden. Melde solche Inhalte, dokumentiere die Beiträge und hol dir Unterstützung bei unserer Betroffenenberatung, wenn du gegen Täter*innen vorgehen möchtest. 

Titelbild: Shutterstock

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