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Dickpics sind strafbar – wehre dich dagegen!

Dickpics sind keine flirty Fotos, die man(n) mal ebenso verschickt – zumindest nicht, wenn sie unaufgefordert kommen. Dann können sie strafbar sein. In diesem Artikel erfährst du,

Ein harmloses Pling, der automatische Griff nach dem Smartphone, der Klick auf die neueste Nachricht und danach: Schockstarre, Ekel, Fassungslosigkeit. Und der Gedanke: „Sag mal, geht’s noch?!‟

Leider kennen viele Frauen (und zahlreiche Männer) genau diese Situation, wenn sie nichtsahnend ihre Nachrichten aufrufen und plötzlich ein Penis auf ihrem Bildschirm prangt.

Immer häufiger werden User*innen mit Dickpics, unaufgefordert zugeschickten Schnappschüssen von einem Penis, belästigt. Und die Versender*innen finden das auch noch in Ordnung.

Kein Kavaliersdelikt

Erst einmal vorweg: Das ist nicht nur NICHT in Ordnung, sondern auch eine Straftat! Anderen Menschen ungefragt Penisfotos zu schicken, fällt unter den Tatbestand des Paragrafen 184 im Strafgesetzbuch, der die Verbreitung pornografischer Schriften umfasst.

Demnach sind solche Aufnahmen keinesfalls ein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe geahndet werden kann.

Dickpic / Dick pic, das
Kofferwort aus engl. dick (Schwanz) und engl. pic(ture) (Bild)

Das Phänomen Dickpic ist eines, das sich in unserer zunehmend digitalen Welt hartnäckig hält. Durch Kameras, die bekanntlich in jedem Smartphone eingebaut sind, und die Vernetzung über dutzende Social-Media-Kanäle verbreitet es sich stetig.

Das Internet bietet Personen, die das Bedürfnis verspüren, eine Nahaufnahme ihres Penis zu versenden, schier unbegrenzte Möglichkeiten.  

Häufiger Übergriff

In unserer Studie „Lauter Hass, leiser Rückzug” (2024) geben 42 Prozent der befragten Frauen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren an, dass sie in ihrer Inbox bereits ungefragt zugesandte Penisbilder erhalten haben.

In der Altersgruppe der 25- bis 44-jährigen Frauen hat jede vierte ein unerwünschtes Dickpic erhalten. In den beiden selben Altersgruppen erhielten 10 beziehungsweise 11 Prozent der Männer ungefragt ein Nacktfoto.

Das deckt sich mit den Erfahrungen unser Beratung: Vor allem jüngere Frauen werden mit Dickpics belästigt. Oftmals verschicken die Täter die Bilder über Messenger-Dienste, Social Apps oder per E-Mail.

Dickpic im Postfach? Erstatte direkt Anzeige!

Wer ungefragt ein Dickpic verschickt, macht sich strafbar. Daher bist du immer im Recht, wenn du darauf mit einer Anzeige reagierst. Die kannst du besonders leicht über unser Portal Dickstinction vorbereiten. Einfach Formular ausfüllen, PDF ausdrucken und dann ab zur Polizei.

Virtueller Exhibitionismus als Übergriff 

Aber auch das Cyberflashing etabliert sich immer mehr. Hierbei handelt es sich um einen Begriff, der in Großbritannien geprägt wurde und grob als virtueller Exhibitionismus übersetzt werden kann.

Cyberflasher können Apple-Nutzer*innen belästigen, die auf ihrem Smartphone den Air-Drop-Service aktiviert haben. Alle in der Nähe, die ein Apple-Gerät nutzen, können diesen Nutzer*innen unaufgefordert Bilder oder Videos schicken.

Damit wird eine Art des Exhibitionismus möglich, die Betroffene oftmals verstört zurücklässt.

Ganz gleich, ob die Penisbilder in den DMs oder via Air Drop bei den Betroffenen ankommen, für sie ist es immer ein Übergriff. Das bestätigt auch Dr. Sandra Schwark, die sich als freie Referentin & Trainerin schwerpunktmäßig unter anderem mit sexualisierter Gewalt und Sexismus in den Medien auseinandersetzt:

„Wenn Frauen bei Twitter, WhatsApp oder sonst wo ihr Postfach aufmachen und ein Dickpic sehen, verspüren sie häufig Schock, Ekel, Scham. Dazu kommt oft eine Überforderung mit der Situation. Und der Gedanke: ‚Ich weiß gar nicht, was ich jetzt tun soll’.”

Zudem erklärt sie im Telefon-Interview, dass ungefragt zugeschickte Dickpics im schlimmsten Fall zu Retraumatisierungen führen könnten, wenn Betroffene schon einmal sexualisierte Gewalt erlebt haben. 

Die Frage nach dem Warum

Glauben Dickpic-Versender, dass Menschen sich freuen, wenn sie ein solches Bild im Postfach haben? Erhoffen sie sich mit der Inszenierung ihres vermeintlich besten Stückes mehr Erfolg beim Flirten?

Oder gehen sie davon aus, dass die Empfangenden durch ein verschwommenes, schlecht belichtetes Penisbild so erregt sind, dass sich innerhalb kürzester Zeit ein aufregendes Sex-Date ergibt?

Um diese Fragen seriös beantworten zu können, braucht es ausreichend Grundlagenforschung, die bisher noch wenige relevante Studien hervorgebracht hat.

Eine Studie aus dem Jahr 2020 versuchte, sich dem Phänomen mit einer Online-Erhebung zu nähern und befragte 1.087 Männer, die schonmal Dickpics versendet haben, was sie dazu motivierte.

82 Prozent der Befragten gaben an, dass sie tatsächlich hofften, Empfänger*innen des Dickpics damit sexuell zu erregen. 50 Prozent zielten darauf ab, dass sich ihr Gegenüber durch das Dickpic attraktiv fühle und 51 Prozent erhofften sich als Antwort ein ebenso explizites Bild.

Ein Mann sitzt an einem Tisch und schaut auf sein Smartphone.
Noch gibt es zu wenige Studien, um seriöse Aussagen zum Phänomen Dickpics zu treffen. Foto: Scopio / Iuliia Prokopiv

Es geht um Macht

Wenn man mit Dr. Sandra Schwark über die Ergebnisse spricht, muss sie zunächst schmunzeln, besonders mit Blick auf die 82 Prozent der Männer, die scheinbar andere mit ihren Dickpics anturnen wollten:

„Hier muss ich fragen: Sind Männer wirklich so dumm? Das kann ich mir nicht vorstellen. Eine völlig fremde Frau und ein fremder Penis – das klappt nicht!” Schwark betrachtet das Ergebnis der Studie, das sich durch Selbstbeurteilungen ergab, kritisch und fordert noch mehr Forschung, um das Phänomen besser zu verstehen.  

Sie selbst kann auf die Frage nach dem Warum nur Vermutungen anstellen: „Ich glaube, es hat viel mit Machtausübung über eine andere Person zu tun.” Indem der Täter dieses Foto ungefragt abschicke, bringe er die Empfangenden in eine unangenehme Situation und müsse häufig mit keinerlei Konsequenzen rechnen.

Daher fallen Dickpics für Schwark ganz klar unter die sexuelle Gewalt, als digitale Form der sexuellen Belästigung

Der richtige Umgang mit Dickpics 

Auch die Psychologin Sarah Danielewski, die im Hamburger Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen tätig ist, stuft Dickpics als bildbasierte sexualisierte Gewalt ein und findet, dass mehr getan werden muss, um Versendern das Ausmaß ihres Vergehens deutlich zu machen:

„Nur die wenigsten Frauen bringen eine solche Tat zur Anzeige oder melden den Täter zum Beispiel bei den Plattformbetreibenden. Das hängt damit zusammen, wie normalisiert dieses Phänomen bereits ist.

Weder die betroffenen Frauen noch die Strafverfolgungsbehörden ordnen ein solches Dickpic in der Regel als schwerwiegend genug ein, um sich negative Gefühle zu erlauben oder gar juristisch dagegen vorzugehen”, erklärt sie.

Eine Frau sitzt auf einem Sofa und schaut auf ihr Smartphone.
Dickpics sind eine Form der sexuellen Belästigung und können strafrechtlich verfolgt werden. Foto: Scopio / Sol Vazquez

Natürlich sollte jede Frau für sich selbst entscheiden, wie sie mit einem Dickpic umgeht, meint Danielewski: „Darüber lachen, es ignorieren, den Kontakt blockieren, sich deutlich dazu positionieren oder eben den Nutzer melden oder anzeigen. Das alles ist möglich und frau soll entscheiden, wie sie es handhabt.”

Wichtig sei aber, dass Frauen die etwaigen negativen Gefühle und Gedanken, die sie verspüren, wenn sie ein Penisfoto erhalten, nicht übergehen. „Denn viele Frauen wollen sich nicht als ‚Spaßbremse‘ oder als ‚zu emotional‘ präsentieren. So sind viele von uns sozialisiert.”  

Sprich mit unserer Beratung!

Auch für unsere HateAid-Beratungsstelle stehen die Bedürfnisse von Empfänger*innen solcher Fotos im Fokus. Die Beratenden helfen Betroffenen bei Bedarf dabei, mit der Situation umzugehen.

Wenn du ein Dickpic nicht nur anzeigen, sondern auch zivilrechtlich verfolgen möchtest, kannst du dich direkt über unser Meldeformular an uns wenden für eine Prüfung auf Prozesskostenfinanzierung. Bitte denke daran, eine entsprechende Kennzeichnung zur Vorwarnung beizufügen.

 

Überall Dickpics – und wo sind die Vulva-Pics?

Drei Papayas liegen in gleichmäßigen Abständen aufgeschnitten auf einem hellblauen Untergrund.
Dickpics und Vulva-Pics unterscheiden sich in entscheidenden Punkten. Foto: Scopio / Ilja Enger Tsizikov

Natürlich gilt auch für Vulva-Pics: wenn sie ungefragt verschickt werden, ist das eine Straftat. Aber werden diese im gleichen Ausmaß verschickt wie Dickpics?

Hört man sich im Freundschaftskreis um, wissen nicht alle gleich, was mit dem Begriff überhaupt gemeint ist. Und auch der Versuch der Definition fällt zunächst schwerer als bei den Dickpics.

Der kleine Unterschied

Stirnrunzeln, Achselzucken und schließlich die Frage im Interview an Sarah Danielewski: Gibt es Vulva-Pics überhaupt? „Frauen versenden durchaus Vulva-Pics. Nur selten eben völlig kontextlos“, weiß die Expertin.

„Sie sind im Allgemeinen so sozialisiert, dass sie vor allem auf die Wünsche ihres Gegenübers achten und diese in viel größerem Ausmaß mit einbeziehen. Dies gilt auch in der Sexualität”, erklärt sie weiter.  

Auch Dr. Sandra Schwark sieht einen klaren Unterschied zu den Dickpics: „Frauen haben weniger das Bedürfnis, übergriffig zu kommunizieren. Die Idee von ‚Ich muss Macht ausüben’, das ist etwas, das sehen wir bei Frauen insgesamt viel, viel weniger.”

Und schließlich denkt Danielewski an einen weiteren Aspekt, der leider traurige Realität ist: „Zudem müssen Frauen stets damit rechnen, dass selbst im Einvernehmen entstandene und versendete Nacktbilder letztlich doch missbräuchlich behandelt, also an andere Personen weitergeleitet werden oder gar auf Pornoplattformen landen.” 

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