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Kalkulierte Hasskampagne. Natascha Strobl, #Panoramagate und Don Alphonso

In den sozialen Medien ist ein großer Streit entbrannt, der auch jenseits dieser Netzwerke relevant ist: Seit Tagen wird unter dem Hashtag #Panoramagate heftig diskutiert. Eine große Rolle spielen bei dieser Debatte der WELT-Kolumnist Rainer Meyer, besser bekannt unter dem Namen Don Alphonso, WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt und Rechtsextremismus-Expertin Natascha Strobl – die unzählige Morddrohungen erhalten hat, sogar gegen ihre Kinder. Und als wäre das nicht genug, wird die Gedenkseite ihres verstorbenen Vaters mit Beschimpfungen geschändet. Tatsächlich ist es auch kein Streit oder Diskurs – sondern eine kalkulierte Hasskampagne.

Ein Like mit klarer Botschaft

Fangen wir von vorne an: Am 24. Juli 2020 berichtet Panorama über Marcel B., Oberstleutnant bei der Bundeswehr, und verantwortlich für deren Social-Media-Kanäle. Ein Mann, der sein Büro im Verteidigungsministerium hat. Dieser sympathisiert auf seinem privaten Instagram-Account mit “incredible_bramborska“, der sich offen zur rechtsextremen Identitären Bewegung bekennt. Marcel B. hat von ihm mehrere Bilder mit einschlägigem Begleittext geliked. So wurde bei einem Bild der Hashtag “Defend Europe” verwendet, der ein Schlachtruf der Identitären Bewegung gegen Migration und Islam ist. Auf einem anderen Bild sind Bücher des rechtsextremen Antaios Verlags zu sehen. Dieser gehört Götz Kubitschek, einem bekannten Namen der Neuen Rechten. Besonders viel Aufsehen erlangte dieser Verlag, als es bei seiner Podiumsdiskussion auf der Frankfurter Buchmesse 2017 zu heftigen Tumulten kam. Dort zählten Rechtsextremisten wie Björn Höcke, Martin Sellner und Akif Pirinçci zu den Gästen.

Verteidigungsministerium: Null-Toleranz-Grenze für rechte Tendenzen

Die von Marcel B. geliketen Inhalte sind also klar als rechtsextrem einzustufen. Das Verteidigungsministerium hat entsprechend schnell gehandelt und Marcel B. von seinem Posten freigestellt und Ermittlungen eingeleitet. Für rechte Tendenzen gäbe es beim Verteidigungsministerium eine Null-Toleranz-Grenze, heißt es in einer offiziellen Erklärung. Marcel B. selber wollte sich der Panorama-Redaktion gegenüber nicht äußern und sprach nach der Veröffentlichung des Panorama-Beitrags mit der BILD-Zeitung. Ihr gegenüber sagt er: „Ich distanziere mich von der ‚Identitären Bewegung‘ und allen Rechtsradikalen. Ich habe mit diesen Menschen und diesem Gedankengut nichts zu tun, ich habe keinen Kontakt zu Rechtsradikalen. Ich stehe selbstverständlich hinter unserer Verfassung.“

“Ein ‚Gefällt mir‘ ist ganz klar, zumal auf Instagram, eine Zustimmungsbekundung …”

Natascha Strobl

Wie kommt nun Natascha Strobl ins Spiel? Ihr Anteil an der Panorama-Recherche ist gering. Sie selbst hat wiederholt betont, dass sie lediglich die Instagram-Posts angeguckt und beurteilt hat, ob diese als rechtsextrem einzustufen sind. Im Beitrag selbst wird sie einmal kurz zitiert: “Ein ‚Gefällt mir‘ ist ganz klar, zumal auf Instagram, eine Zustimmungsbekundung …”. In der rechten Echokammer wird es allerdings so dargestellt, als hätte Natascha Strobl höchstpersönlich Marcel B. monatelang ausspioniert und überwacht – und ihn letztlich ohne Grundlage diffamiert. Von Rufmord ist die Rede. Und auch von “Nazimethoden”.

Erst die Akteur*innen schaffen einen Shitstorm – nicht der Vorfall an sich

Wie es aus dieser geringen Beteiligung heraus zum heftigen Shitstorm und derlei Desinformationen kommen konnte, hängt sehr mit den Akteur*innen zusammen, die das Thema aufgriffen. Kein geringerer als Don Alphonso hat Natascha Strobl in den Fokus gerückt und dabei ihren Beitrag an der Recherche als größer dargestellt, als er tatsächlich war – mit der Unterstützung seines Chefredakteurs Ulf Poschardt.

Don Alphonso und seine Follower

Don Alphonsos Vorgehen hat inzwischen System: Wenn er sich jemanden vornimmt, kümmern sich seine Follower um den Rest. Besonders ungemütlich wird es, wenn er die betroffene Person in seiner wöchentlichen Kolumne “Deus Ex Machina” erwähnt. Dem so genannten #Panoramagate hat er sogar zwei Texte gewidmet. Zuerst schrieb er über den Fall im Allgemeinen, dann einen weiteren über Natascha Strobl.

Ein großes Problem an Don Alphonso sind seine Follower. Unter ihnen befinden sich zahlreiche Rechtsextreme, die meist anonym agieren und hetzen. So wird es für die Behörden nahezu unmöglich, die Verfasser*innen der Hasskommentare zurückzuverfolgen – was auch daran liegt, dass Twitter nur sehr selten Daten rausgibt. Don Alphonso selbst handelt meist im legalen Rahmen, sodass es schwierig ist, juristisch gegen ihn vorzugehen.

Organisierte Hasskampagnen als Kampfmittel

Der Ablauf einer durch Don Alphonso initiierte Hasskampagne ist wie folgt: Er pickt sich eine gute Zielscheibe heraus – in den meisten Fällen eine Frau aus dem linken Spektrum.Er twittert über sie und stellt sie quasi an den Pranger. Den Rest machen seine Follower, von denen viele hartnäckig, laut, pietätlos und vor allem rechtsextrem sind. Er selber lehnt sich zurück und kriegt “nichts” davon mit, dass eine Person durch seinen Beitrag terrorisiert wird. Es ist bezeichnend, dass es sich dabei vor allem um Frauen handelt. Es tritt immer deutlich hervor, dass Antifeminismus und eine rechte Gesinnung eng zusammenhängen.

Don Alphonsos Opfer und die Folgen

Erst im November des letzten Jahres gab es eine laute Debatte über Don Alphonso, als er der Autorin Jasmina Kuhnke-Mannel mit einer Quittung drohte, die sie bald erhalten würde. Auch die Journalistin Anna-Mareike Krause berichtet auf Twitter von ihren Erfahrungen, nachdem Don Alphonso sie in einem seiner Texte erwähnte:

Tweet über Don Alphonso

Einige Frauen, die für ihre antirassistische Arbeit bekannt sind, schreiben seinen Namen sogar absichtlich falsch auf Twitter – zu groß ist die Angst davor, dass er das sieht und ihnen einen Tweet widmet. Es gibt viele Betroffene und Belege für die Methode und das Wirken von Don Alphonso. Wie positioniert sich also sein Arbeitgeber? Ulf Poschardt bagatellisiert die Taten seines Kolumnisten. Mehr noch: Er belächelt es, wenn man ihn damit konfrontiert, dass die betroffene Person Morddrohungen erhält:

Unsterstützungs-Tweet an Natascha Strobl

Die aktuelle Betroffene ist Natascha Strobl – doch sie wird nicht die letzte sein. Ein paar Tage vorher war es Caroline Walter vom NDR, die ebenfalls am Panorama-Beitrag beteiligt war. In ein paar Tagen wird es dieden Nächsten treffen. Der Don Alphonso-Hassmotor ist in vollem Gang und solange sein Initiator nicht mit Konsequenzen zu rechnen hat, sein Chef sich schützend vor ihn stellt und für seine Taten Ausflüchte findet, wird sich das auch nicht ändern.

HateAid und digitale Zivilcourage

Tweet von Natascha Strobl

HateAid unterstützt Natascha Strobl und zahlreiche weitere Betroffene, die zur Zielscheibe Don Alphonsos geworden sind. Solidarität ist in Zeiten wie diesen für die Betroffenen unverzichtbar. Nicht erst nach Strobls Aufruf zeigt auch die Community viel digitale Zivilcourage: Uns erreichen viele Screenshots, die wir überprüfen lassen und zur Anzeige bringen.

Es ist sehr wichtig, dass wir gemeinsam, laut und entschieden gegen Hasskampagnen vorgehen – auch juristisch. Nur wenn wir regelmäßig Hasskommentare zur Anzeige bringen und ihre Urheber*innen juristisch zur Verantwortung ziehen, bekommen auch die Staatsanwaltschaften ein stärkeres Bewusstsein dafür.

Spätestens nach dem Mord an Walter Lübcke sollte uns allen bewusst sein, wie gefährlich Hasskampagnen und daraus resultierende Radikalisierungen sind. Sie haben nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Auch bei Lübcke begann es mit Beleidigungen und Drohungen – bis er eines Abends ermordet wurde.

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