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Nahaufnahme BIPoc-Person mit Schriftzug "Rassismus im Internet"

Von Memes bis Hasskommentare: Rassismus im Internet 

Rassismus ist Realität: Das erkennen 90 % der Menschen in Deutschland, also fast die ganze Gesellschaft. Das zeigt eine Umfrage von 2021 des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung. Ein Drittel der Befragten in einem Lagebericht von 2022 teilen die anti-muslimisch rassistische Einstellung, dass die Zahl der muslimischen Menschen in Deutschland begrenzt werden sollte. Ganze 97,3 % der Befragten im Afrozensus 2020 gaben an, anti-Schwarzen Rassismus zu erleben. Diese Zahlen zeigen: Menschen in Deutschland erleben Rassismus und andere üben diesen aus.

Doch was ist eigentlich Rassismus? Welche Formen gibt es? Und warum spielt das Internet dabei eine so wichtige Rolle? Erfahre, wie sich Rassismus im Internet äußern kann und erhalte Tipps und Anlaufstellen für den Fall, dass dir Rassismus im Netz begegnet.

Was ist Rassismus?

Rassismus ist eine Art der Diskriminierung und bezeichnet die ideologische Vorstellung, dass bestimmte Menschen oder Menschengruppen ungleich seien. Diskriminierungen beruhen auf der Annahme, dass die „eigene” Gruppe einer anderen überlegen sei. Die rassistische Teilung von Menschen wird anhand unterschiedlicher Eigenschaften wie Hautfarbe, vermeintliche Herkunft oder Religionszugehörigkeit festgemacht.

Die rassistische Vorstellung der Ungleichheit von Menschen beruht unter anderem auf der „Rassentheorie”, die im 18. Jahrhundert mit der Aufklärung erfunden wurde. In einer Zeit, in der in Europa das Recht auf Gleichheit und Freiheit für alle Menschen ausgerufen wurde, musste eine Begründung her, warum gewisse Menschen davon ausgeschlossen waren. Die Erfindung von „Rassen” diente dabei als Grundlage. So konnten weiße, europäische Gesellschaften ihre Weltordnung legitimieren, in der sie über allen anderen Menschengruppen standen und diese unterdrückten.

Detailaufnahme von einem Globus für Leitartikel: Rassismus im Internet
Rassistische Vorstellungen und koloniale Gewalttaten wurden durch verschiedene Wissenschaften legitimieren. Foto: Shutterstock / Artem Kontratiev

Längst sind die vermeintlichen biologischen Beweise einer Ungleichheit von Menschengruppen widerlegt, doch noch immer halten sich rassistische Vorstellungen. Heutzutage wird der biologistische Rassismus häufig aber auf kulturelle Unterschiede übertragen. Dabei bezieht er sich vermehrt auf Begriffe wie „Ethnie” oder „Kultur“.

Selbst wenn moderner Rassismus nicht mehr explizit auf die „Rassentheorie“ eingeht, geht es auch hier um eine „natürliche” Überlegenheit der (weißen) Gesellschaften im globalen Norden. Diese Form der Diskriminierung wird kultureller Rassismus genannt.

Rassismus beruht also auf historischen Entwicklungen, die heute noch in gesellschaftlichen Institutionen und Strukturen wirken. Aber nicht alle marginalisierten Gruppen, die Rassismus erfahren, teilen die gleiche Geschichte oder machen die gleichen Erfahrungen. Deswegen ist es wichtig unterschiedliche Formen zu benennen. Es gibt unter anderem

Antisemitismus ist keine Form von Rassismus, sondern ein eigeständiges Phänomen, weist aber einige Schnittmengen mit anderen Rassismen auf.

Welche Formen bzw. Ausprägungen von Rassismus gibt es?

Rassismus verurteilt und benachteiligt Menschen und schließt sie aus der Gesellschaft aus. Dabei gibt es verschiedene Arten und Ausprägungen von rassistischen Anfeindungen. Diese können grob in zwei Kategorien unterteilt werden: personeller und struktureller Rassismus. Der personelle findet zwischen zwei oder mehr individuellen Personen statt. Der strukturelle geht vorrangig von Institutionen, wie Behörden, aus. Die strukturelle und individuelle Ebene bedingen sich aber gegenseitig und sind nicht voneinander zu trennen.

Personeller Rassismus in Form von Alltagsrassismus

Bei Alltagsrassismus geht es um rassistische Diskriminierung, die den Betroffenen in ihrem Alltag begegnet. Er hat viele Gesichter, äußert sich jedoch vor allem durch Mikroaggressionen, wie z. B.

  • der Frage nach der vermeintlichen Herkunft,
  • dem ungefragten Griff in die Haare,
  • abschätzige Blicke im Bus oder auf der Straße,
  • Zurückweisungen an der Club-Tür sowie
  • rassistische Beleidigungen und
  • abwertende (Hass-) Kommentare in der Öffentlichkeit oder im Netz.

Die Beispiele zeigen, dass sich Alltagsrassismus manchmal sehr deutlich zeigt, aber oft auch übersehen wird, da er sehr subtile Formen annehmen kann. Für die Betroffenen ist es aber eine tägliche Demütigung und Erinnerung daran, dass sie als „anders“, fremd oder nicht-dazu-gehörig wahrgenommen werden.

Viele Menschen, die rassistische Mikroaggressionen ausüben, merken gar nicht, dass ihre Aussagen oder ihr Handeln diskriminieren. Häufig reagieren sie mit einer abwehrenden Haltung auf Rassismuskritik. Das wird auch White Fragility oder weiße Fragilität genannt.

Nicht nur Unverständnis, Scham oder Unbewusstsein lösen Wut auf Rassismuskritik aus. Jede zweite Person in Deutschland wertet diese Kritik als Einschränkung der Meinungsfreiheit. Dabei gibt es kein Recht, nicht kritisiert zu werden. Wer eine Meinung äußert, muss auch die sachliche Kritik der Gegenseite aushalten. Und: Die Meinungsfreiheit gilt nicht grenzenlos. Sie endet beispielsweise dort, wo die Würde eines anderen Menschen verletzt wird, also z. B. bei rassistischen Beleidigungen oder Volksverhetzung.

Struktureller Rassismus in Form von institutionellem Rassismus

Der Begriff des institutionellen oder strukturellen Rassismus verweist auf gesamtgesellschaftliche rassistische Strukturen. Gesellschaftliche Einrichtungen tragen mit ihren Normen, Regeln und Gesetzen zu einer Benachteiligung von BIPoC (aus dem Englischen: Black, Indigenous, People of Color) bei: Betroffene erleben kaum überwindbare Hürden, beispielsweise bei der Wohnungssuche oder in einem Bewerbungsgespräch.

Rassismus im Internet: Männliche BIPoC Person sitzt neben einer Gruppe und schaut in ein Smartphone
Institutioneller Rassismus grenzt offline sowie online systematisch BIPoC aus. Foto: Shutterstock / Lomb

Auch Bildungsinstitutionen wie Schulen oder Universitäten reproduzieren Rassismus, beispielsweise, in dem BIPoC-Schüler*innen systematisch und ohne Grund schlechtere Noten bekommen. Die Polizei fällt immer wieder durch interne und externe Rassismusvorfälle auf: Racial Profiling, also das unverhältnismäßig häufige Kontrollieren von BIPoC, oder das Ignorieren von rassistischer Polizeigewalt sind unter anderem Folgen des strukturellen Rassismus in der Polizei.

Die Akteur*innen innerhalb dieser Institutionen sind dabei nur Teil dieses Systems. Sie üben den Rassismus also nicht immer bewusst aus, reproduzieren aber trotzdem die Diskriminierung.

Rassismus im Internet

Rassismus hat eine lange und grausame Geschichte. Mittlerweile ist Online-Rassismus ein weitverbreitetes Phänomen. In Deutschland geben BIPoC an, dass sie rassistische Erfahrungen vor allem in den Bereichen „Öffentlichkeit und Freizeit” sowie „Medien und Internet” machen.

Leider überrascht das kaum: Noch nie war es für Einzelpersonen so einfach, ihre (rassistische) Meinung in die Welt zu tragen. Deshalb ist digitaler Rassismus eng geknüpft an die Geschichte und Fortschritte des Internets.

Entstehungsgeschichte von Online-Rassismus

1970er Jahre

Das Internet-Protokoll wird entwickelt

Das erste Internet-Protokoll (TCP/IP) wird entwickelt

1970er Jahre
1980er Jahre

Mailboxnetze werden für Propaganda missbraucht

Neo-Nazis nutzen Mailboxnetze für ihre Propaganda

1980er Jahre
1990er Jahre

WWW wird populär

Das World Wide Web wird populär, und das Internet wird für die breite Öffentlichkeit zugänglich.

1990er Jahre
1995

Gründung erster rassistischer Foren im Internet

Das Stormfront-Forum, eine der ältesten und bekanntesten rassistischen Internetseiten, wird gegründet.

1995
2000

Anti-Defamation League (ADL) HateFilter Project

Das „Anti-Defamation League (ADL) HateFilter Project“ wird gestartet. Es zielt darauf ab, Technologien zu entwickeln, um rassistische und hasserfüllte Inhalte im Internet zu identifizieren und zu blockieren.

2000
2004

Facebook-Gründung

Der Social-Media-Dienst Facebook wird gegründet und wird schnell eine der beliebtesten Plattformen für die Verbreitung von Inhalten im Internet.

2004
2005

YouTube-Gründung

Die Videoplattform YouTube wird gegründet und wird bald zu einem wichtigen Ort für die Verbreitung von Videos und Inhalten im Internet.

2005
2009

Mehr als 10.000 rassistische Websites online

2009 konnte das US-amerikanische „Digital Hate and Terrorism project” vom Simon Wiesenthal Center in einer Studie mehr als 10.000 rassistische Websites und Inhalte ausfindig machen.

2009
2016

US-Wahlen von rassistischen Online-Inhalten beeinflusst

Der US-Präsidentschaftswahlkampf wird von der Verbreitung von Fehlinformationen und rassistischen Inhalten im Internet beeinflusst.

2016

Erscheinungsformen von Rassismus im Netz

Ganz wie im analogen Leben zeigt sich Cyber-Rassismus in unterschiedlichen Formen. Rassistische Äußerungen werden im Internet ebenso subtil wie offensichtlich geäußert.

Memes: Durch Memes werden z. B. rassistische Stereotype auf vermeintlich humorvolle und scheinbar harmlose Art und Weise verstärkt.

Hasskommentare: Oft wird das Internet als rechtsfreier Raum empfunden und dient Rassisten*innen als Sprachrohr für ihre rassistischen Hasskommentare.

Spezielle Hashtags: Aktuelle und relevante Hashtags, z. B. zu Tagesgeschehen, werden von Rassist*innen gerne dazu missbraucht, um mehr Aufmerksamkeit für ihren rassistischen Content zu generieren.

Videos: Spätestens seit der Gründung von YouTube dienen Videos Menschen als machtvolles Instrument, um ihre rassistischen Aussagen zu verbreiten. Oft werden Videoinhalte anderer bewusst aus dem Zusammenhang gerissen und nur die Information gezeigt, die die eigene Meinung bestärken.

Hetzkampagnen und Verschwörungsmythen: Hetzkampagnen und Verschwörungsmythen wie die vermeintliche „Islamisierung” Deutschlands verbreiten Herabwürdigungen und Diskriminierungen strategisch im Netz. Hier werden gezielt Personen und Gruppen aufgrund ihrer Hautfarbe, vermeintlichen Nationalität oder Religionszugehörig angefeindet, verurteilt und in ein falsches Licht gerückt.

KI-Algorithmen: Da KI-Systeme vor allem durch Daten lernen, die unsere Gesellschaft produziert, sind auch sie nicht frei von rassistischen Vorurteilen. Zum Beispiel weisen Systeme zur Gesichtserkennung bei BIPoC bis zu hundertmal häufiger Fehler auf. BIPoC werden also häufiger fälschlicherweise „erkannt”. Das kann dazu führen, dass Unschuldige als Täter*innen identifiziert werden.

Online-Rassismus: Weibliche Person schaut ins Smartphone
Rassismus kann online in unterschiedliche Formen auftreten. Foto: Scopio / Maksim Chernyshev

Von der digitalen Welt zur realen Gewalt: Die Gefahr hinter vermeintlich harmlosen Online-Kommentaren

Digitaler und analoger Rassismus sind eng verzahnt. Rassistische Gewalt im Netz wird häufig als weniger schlimm wahrgenommen, da es ja „nur“ Kommentare sind. Aber die verschiedenen Formen von Online-Rassismus können schwerwiegende psychische Folgen für Betroffene haben.

Hinzu kommt, dass die Verbreitung rassistischer Inhalte Hass und Feindseligkeit schüren oder explizit zu Gewalttaten anstiften. Damit bleiben die Anfeindungen nie nur im Netz. Der Hass überträgt sich auf analoge Räume wie die U-Bahn oder den eigenen Vorgarten, was Betroffene zusätzlich gefährdet.

Andersherum nutzen viele Rassist*innen mittlerweile das Netz und verbreiten dort ihre Ideologie, die sie zuvor auf Marktplätzen oder bei Demonstrationen zur Schau stellten. Häufig erreichen sie im Internet noch mehr Menschen. Außerdem können sie auf digitalen Plattformen ihren Hass anonym in die Welt setzen.

Du bist von Online-Rassismus betroffen oder hast diesen indirekt mitbekommen?

Hetze, Hass und rassistische Kommentare im Netz können strafbar sein! Solltest du rassistische Anfeindungen im Internet erleben, kannst du diese bei der jeweiligen Plattform melden.

Bist du selbst von Internet-Rassismus betroffen? Dann melde dich gerne bei unserer Betroffenenberatung.

Du kannst auch Anzeige erstatten. Dazu benötigst du Beweismaterial in Form von rechtssicheren Screenshots. Wir haben dir für die verschiedenen sozialen Plattformen passende Anleitungen erstellt.

Anlaufstellen

Wenn du dich mit Rassismus im Internet und digitaler Gewalt konfrontiert siehst, kannst du dich auch an spezialisierte Anlaufstellen wenden.

Gemeinsam für ein rassismusfreies Netz

Jede*r einzelne kann sich gegen Rassismus im Netz einsetzen:

  • Du könntest im Netz und auf sozialen Plattformen ein Zeichen gegen Rechts setzen. Teile hilfreiche Artikel, Aufklärungsvideos, Initiativen oder mach mit bei unserer Aktion #ISeeRacism und erzähle uns und anderen deine eigenen Erfahrungen mit Rassismus.
  • Schau nicht weg, melde rassistische Kommentare auf den jeweiligen Plattformen und setze dich so für eine respektvolle und bunte Internetkultur ein.
  • Unterstütze Betroffene als Ally.
  • Weitere Tipps im Umgang mit Rassismus haben wir dir in unserem Beitrag über Alltagsrassismus zusammengetragen.

Titelbild: Shutterstock / Fractal Pictures

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